Say Goodnight To The Bad Guys Tour live at The Best Buy Theater, New York City
06.11.2010 - Show 5
Abschiede können mal weniger, mal umso schwerer fallen. Dass dieser hier zu der ganz schweren Sorte gehört, hat viele Gründe. Nicht nur die Stadt New York, mit ihren beeindruckenden Vierteln, Gebäuden, Parks und Geschäften ist einem, trotz der Übergröße, ans Herz gewachsen.
Es waren vor allem die Bekanntschaften und Freundschaften, die in der vergangen Woche geschlossen wurden. Menschen aus den verschiedensten Ecken der Welt, nie zuvor gesehen und trotzdem gleich auf Anhieb blindes Verständnis. Aber nicht nur die Amoricans im Publikum, auch die Security des Best Buy Theaters, allen voran Tony, sorgte mit lässigen Witzen immer für gute Laune, noch lange bevor der Saal überhaupt betreten wurde. Und dann waren da ja auch noch die kurzen Treffen und Gespräche mit Band-Mitgliedern der Black Crowes (Adam und Sven). Es, bzw. WIR waren wie eine große Familie. Und der letzte Abend sollte noch einmal richtig gefeiert werden!
Die letzten 180 Minuten mit der »Most Rock n' Roll Rock n' Roll Band In The World« in New York standen also unmittelbar bevor, doch »Good Night« wollte keiner so richtig zu den »Bad Guys« sagen...
Bei unserer Standard Ankunft um 17 Uhr, war die Schlange vor dem Best Buy Theater bereits richtig groß, was aber zu erwarten war. Der ausverkaufte Abschluss-Abend eben. Auch Tony und die anderen bekannten Gesichter waren bereits da. Ein letztes Mal wurden Wünsche für den letzten Abend geäußert, ein letztes Mal die Treppen in den Saal runter gerannt und ein letztes Mal der Platz in der zweiten Reihe, direkt vor Chris Robinson aufgesucht. Man konnte die leicht melancholische Stimmung bereits in der Luft spüren.
Und als Chris, mit Jerry Garcia-Shirt und der Rest der Band schließlich ein letztes Mal die Bühne betraten, war der Countdown angebrochen.
"Jealous Again" leitete die Stimmung des Abschiedsabends ein. Mit dem Klassiker vom ersten Album wurde das letzte New Yorker Akustik-Set standesgemäß eröffnet. Noch einmal sang die ganze Halle mit, bei dem zusätzlichem Refrain »I'm jealous - with a restless heart«!
Als zweites folgte "Roll Old Jeremiah" vom 2009er-Meisterwerk Before The Frost...Until The Freeze. Zusätzlich wurde an diese schöne Country-Folk-Nummer ein wunderbarer Jam hinzugefügt. Mit dem selten zu hörendem "Thunderstorm 6:54PM" stand dann auch schon das erste Highlight des finalen Abends auf dem Programm. Die wunderbaren Gitarren-Akkorde wurden perfekt von Chris' Gesang begleitet. Ebenso vielversprechend ging es mit der ersten Coverversion des Abends weiter: "Tonight I'll Be Staying With You" von Bob Dylan, welcher mit der kompletten Crowes-Band auch erst zum vierten Mal überhaupt live gespielt wurde, also ein weiterer Kracher!
Danach durfte Rich Robinson einmal wieder das Mikro ergreifen und seinen Song "What Is Home" zum Besten geben. Auch hier gab es wieder ein exzellentes Gitarrensolo zum Schluss. Das anschließende "Oh, The Rain", eine Blind Willie Johnson Komposition, sorgte bei den Meisten im Publikum, mich mit eingeschlossen, für ratlose Gesichter. Gab es den überhaupt schon einmal zu hören? Später nach den Forschungen auf crowesbase.com war die Antwort 'Ja', aber auch erst zum dritten Mal!
Nun sollte ein letztes Mal die epische Kombination von "Ballad In Urgency" und "Wiser Time" folgen. Besonders der letztere passte heute Abend einmal mehr perfekt, vor allem auch wegen der Thematik... »another song, another mile...« Die Gitarren jammten wieder was das Zeug hielt und es schien kein Ende zu nehmen. Mit "Girl From A Pawnshop" folgte eine weitere wunderschöne Nummer, einmal mehr perfekt gesanglich von Chris Robinson dargeboten. Zwei weitere absolute Band-Klassiker, das fünfte "Thorn In My Pride" und der gute Laune-Song "Soul Singing", beendeten schließlich das letzte Akustik Set, welches vielleicht nicht an andere Abende rankam, aber dennoch wieder mit einigen Höhepunkten bestückt war.
Jetzt trennten viele Fans nur noch 90 Minuten vom Abschied ihrer Lieblingsband.
Das letzte Electric-Set wartete schließlich noch einmal mit einigen skurilen Coverversionen, aber auch mit absoluten Granaten auf sich. Den Anfang machte der, vor allem textlich, äußerst eingängige Party-Rocker "Give Peace A Chance", welcher unter anderem aus der Feder von Leon Russell stammt.
Das direkt danach folgende "Seeing Things" von der "Shake Your Money Maker"-Scheibe war für mich einer der großen Highlights, nicht nur des Abends sondern des ganzen Runs. An Emotionalität kaum zu überbieten, krachte dem Publikum hier eine wirkliche Gesangs-Wand von Chris, den Background-Sängerinnen und dem Rest der Band entgegen. Absolutes Gänsehaut-Feeling.
Leider kam danach mit "Go Tell The Congregation" eine weniger geliebte Nummer vom wenig geliebten Album "By Your Side", aber was soll's? Zum Abschied muss man mitnehmen, was man kann!
Auf den anschließenden "My Morning Song" in der elektrischen Variante haben viele schon lange in diesem New York-Marathon gewartet. Und heute gab es ihn schließlich, kombiniert mit einer voll ausgespielten Version von "Stare It Cold" im Mittelteil! Tanzen und Mitsingen stand also auf dem Programm. Auch der nächste Song sollte gute Laune vermitteln, aber der Funke sprang nur teilweise über. Zu skuril war für manche vielleicht "God's Got It". Ganz im Gegensatz zum nächsten Cover. "Just Want To See His Face" von den Rolling Stones gab es bereits am Dienstag schon einmal zu hören, und die Samstags-Version stand der in fast nichts nach! Der polternde Dschungel-Beat und die Blues-Gitarren trieben den Song immer weiter voran. Prompt folgte eine weitere gecoverte Nummer und zwar "Show Me" von Joe Tex, welcher auch nicht allzu Crowes-typisch war, aber trotzdem gute Laune verbreitete. Den vermeidlichen 'Tiefpunkt' bildete "Only A Fool", eben eine weitere "By Your Side"-Nummer, mit der nicht nur ich nichts anfangen konnte. Danach tat so ein frisches, kurzes "Hard To Handle" richtig gut. Und selbstverständlich konnte auch hier jeder zu den berühmten Worten von Otis Redding mitsingen.
Wer jetzt mitgezählt hat, wird viele Party-Nummern im Set erkannt haben, teils richtig gute, teils auch weniger gelungen. So war das elektrische Set vielleicht sogar das schwächste, bis zu diesem Zeitpunkt. Aber es folgte ja schließlich noch der letzte Song + die letzten Zugaben, die allerletzten...
Den regulären Abschluss bildete "And The Band Played On" von der "Before The Frost..."-LP. Wieder, thematisch gesehen, mehr als zutreffend. Aber dennoch war der Song alles andere als 'gewöhnlich'. Wer die Album-Version kennt, mag diese vielleicht für nett halten, aber was die Crowes hier abbrannten, war ein Jam-Feuerwerk, wie es besser nicht geht. Kaum ist der reguläre Part des Songs zu Ende, gleiten die Gitarren in einen mystischen, spaceigen Jam, welchen Pink Floyd nicht besser hätte spielen können! Atemberaubend!
Und natürlich spielte die Band weiter und kam also noch einmal auf die Bühne, um mir meinen großen Wunsch zu erfüllen.
Als Chris die ersten Akkorde von "Torn And Frayed" auf der Akustik-Gitarre anschlug, kamen mir vor Freude fast die Tränen! Diese Rolling Stones-Nummer wollte ich unbedingt hören, hatte aber schließlich nicht mehr damit gerechnet. Und jetzt bekam ich sie doch noch am letzten Abend! Der zweistimmige Gesang und Luthers Steel Gitarre brachte den ganzen Saal zum Strahlen. Und da aller guten Dinge drei sind, gab es großes Finale noch einmal The Rolling Stones, gespielt von The Black Crowes! "The Last Time!" Ein ganz ganz seltsames Gefühl entstand, als Chris die Worte »this could be the last time...« sang und das, obwohl es doch noch einmal eine richtige gute Laune-Nummer zum Abschluss war. Und keiner wollte es so richtig wahrhaben, als dann schließlich wirklich die letzten Töne aus den Verstärkern allmählich verstummten.
Sollte das wirklich 'The last time' gewesen sein? Für viele wohl ja. Manche würden sie noch einige Male diesen Herbst/Winter sehen, aber für die Meisten, vor allem für uns Europäer war dies der vielleicht endgültige Abschied der Band, die unsere Herzen so hoch wie selten schlagen ließ.
Dennoch sollte keine Trauer aufkommen, denn wir durften diese, unsere Band noch einmal im absoluten Zenit ihres Schaffens bewundern. Bleiben werden neben den, hoffentlich bald erhältlichen, Live-Black Crowes-Aufnahmen und einigen Bildern vor allem aber auch die vielen Eindrücke und Erinnerungen an die Band, die Musik und an alle wunderbaren Menschen, mit denen ich diesen Trip teilen konnte. Ein wirklich unvergessliches Erlebnis.
Danke Chris, Rich, Steve, Sven, Luther und Adam!
»... Das ist das Spiel, keiner will so richtig nach Hause, niemand will sich verabschieden ...«
[Russell, Almost Famous]
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