Lurrie Bell & Copenhagen Slim Band / 16.05.2014, Bluesgarage, Isernhagen
Bluesgarage
Lurrie Bell & Copenhagen Slim Band
Bluesgarage, Isernhagen
16. Mai 2014
Stil: Blues


Artikel vom 23.05.2014


Jürgen Bauerochse
Lurrie Bell Lurrie Bell wurde am 13. Dezember 1958 in Chicago, Illinois geboren und begann bereits im zarten Alter von sechs Jahren Gitarre zu spielen. Dabei erhielt er wertvolle Tipps von Bluesgrößen wie Eddy Clearwater, Big Walter Horton und Eddie Taylor, die bei seinem Vater, dem Harmonika-Virtuosen Carey Bell, ein und aus gingen. Außerdem war Buddy Guy sein Gitarrenlehrer und ist bis heute eines seiner größten Vorbilder geblieben. Seit seinem dreizehnten Lebensjahr begleitete der junge Lurrie seinen Vater regelmäßig auf dessen Tourneen und entwickelte so sehr schnell sein Verhältnis zum klassischen Chicago-Blues und dem Leben on the road. Mitte der Siebziger wurde er Gitarrist in Koko Taylors Band, bei der er vier Jahre blieb.
Lurrie Bell Sein Album-Debüt feierte er im Jahr 1977 auf dem Album "Heartaches And Pain" von Vater Carey. Diese Zusammenarbeit sollte sich noch öfter wiederholen und endete erst im Jahr 2007, als mit Gettin' Up Live einige der letzten Liveaufnahmen von Vater und Sohn Bell mitgeschnitten und veröffentlicht wurden. Insgesamt ist Lurrie Bell inzwischen auf zweiundzwanzig Alben zu hören, wobei der letzte Longplayer Blues In My Soul im letzten Jahr in die Läden kam. Ende der achtziger und frühen neunziger Jahre galt Lurrie Bell als einer der kommenden Stars der Bluesszene, doch verhinderten diverse persönliche Probleme seinen endgültigen Durchbruch. 1995 hatte er sich wieder gefangen und startet mit dem Album "Mercurial Sun" sein Comeback. Seither ist er wieder regelmäßig in den Bluesklubs rund um Chicago unterwegs. Zusätzlich konnte er seit dieser Zeit etliche Auszeichnungen als 'Bester Blueskünstler' und 'Bester Bluesgitarrist' entgegennehmen. Auch in diesem Jahr ist er wieder für vier 'Blues Music Awards' nominiert.
Lurrie Bell Nun also war der Gitarrist und Sänger im Rahmen seiner Europa-Tournee, die außer diesem Gig in der Bluesgarage nur noch aus zwei Festival-Auftritten auf deutschem Boden bestand, in Isernhagen angekündigt. Begleitet wurde er dabei von der dänischen Copenhagen Slim Band um den Mundharmonika-Spieler Nisse Thorbjörn, einer Gruppe, die sich ganz dem Chicago-Blues verschrieben hat und schon im letzten Jahr für Aufsehen sorgte, als sie John Primer, einem weiteren Bluesmann aus der Windy City, auf seiner Tour durch die alte Welt begleitete. Und was da auf einer großen Video-Plattform von diesen Auftritten zu sehen war, ließ ein großartiges Konzert mit reinem und unverfälschten Blues erahnen.
Lurrie Bell 'Erwarten' war genau der richtige Ausdruck, denn als wir in Isernhagen eintrafen, starrten wir zunächst in etwas ratlose Gesichter. Keine Spur von der Band, keine Nachricht, wo die Jungs abgeblieben waren. Okay, es gab schon mal Verspätungen beim Eintreffen der Musiker (siehe auch Konzertbericht Mother's Finest 2012), aber noch nie stand Henry gänzlich ohne Nachricht da. Als wir es uns in der Bluesgarage gemütlich machten, um erstmal abzuwarten was passiert, gingen mir doch die Gedanken durch den Kopf, dass so ein 'Fleischerweg' über 200 Kilometer doch ziemlich ärgerlich wäre. Schließlich ist man in dieser Richtung ziemlich verwöhnt und wir sind bisher von kurzfristig ausgefallenen Konzerten verschont geblieben. Zum Glück erledigte sich die Ungewissheit schon nach wenigen Minuten, als die Band dann doch noch rechtzeitig eintraf. So war lediglich ein zwischenzeitliches Verlassen der Bluesgarage während des Soundchecks die einzige Unbequemlichkeit des Abends. Gerade nochmal davon gekommen!
Lurrie Bell Das Konzert selbst bot dann genau das, was ich erwartet und erhofft hatte. 12-Takter in Reinkultur. Das alles in Minimalbesetzung ohne Keyboards und lästige Bläsersektionen, die mir immer etwas den letzten Nerv rauben. Irgendwie kam mir bei diesen Songs der leider kürzlich verstorbene Magic Slim in den Sinn, dessen Blues sich genau so zupackend und direkt in die Gehörgänge fräste. Zuletzt hatte ich vor drei Jahren das Vergnügen, den puren Blues zu hören, als Bryan Lee seine Stippvisite in Isernhagen abgab und das Publikum begeisterte. Es wurde also mal wieder allerhöchste Zeit für die blauen Töne. Und dabei erwiesen sich die nordeuropäischen Begleiter als die perfekte Unterstützung des Protagonisten. Die Rhythmus-Sektion spielte unauffällig aber sehr präzise und hatte dabei genau das richtige Timing, um den Songs das optimale Feeling zu verpassen.
Lurrie Bell Ganz anders sah das schon mit Copenhagen Slim (aka Nisse Thorbjörn) aus. Er setzte mit seinem exzellenten Spiel auf der Bluesharp richtig viele Akzente und war der ideale Gegenpart zu Lurrie Bell, der ihm aber auch jede Menge Freiheiten ließ, um sein Können unter Beweis zu stellen. Die Beiden wirkten perfekt eingespielt, schmissen sich die musikalischen Bälle immer wieder gegenseitig zu und machten so die Songs, die allesamt sehr lang ausgedehnt wurden, zu kleinen Meisterwerken. Man konnte sich wunderbar zu diesen intensiven Sounds treiben lassen und sich hervorragend auf die Klänge konzentrieren. Dabei kam es in keiner Weise auf irgendwelche Virtuosität an den Instrumenten an, sondern es zählte einzig und allein das Feeling. Und davon hat ein Lurrie Bell jede Menge zu bieten. Seine Soli konnten die Zuhörer mühelos in ihren Bann ziehen oder auch dafür sorgen, dass komplett alle Extremitäten in Bewegung gerieten.
Lurrie Bell Natürlich bestand der Gig zum großen Teil aus Eigenkompositionen, was bei einem Mann dieses Formats nicht anders zu erwarten war. Doch streute er auch einige Coversongs mit ein und erinnerte dabei an seinen Vater, sowie an Magic Slim und Buddy Guy. Doch auch zwei absolute Klassiker des Chicago-Blues durften nicht fehlen, um deutlich zu machen, um was es hier ging. Dazu zählte der Robert Johnson-Überflieger "Sweet Home Chicago", der sicherlich zu den meist gecoverten Songs der Bluesgeschichte gehört und ein Abfeiern des Publikums geradezu garantiert. Ganz stark auch Little Walters "Last Night I Lost My Best Friend", das mit seinen melancholischen Tönen ebenfalls immer wieder gut rüber kommt.
Es bleibt festzuhalten, dass Lurrie Bell & Copenhagen Slim Band ein klasse Blueskonzert abgeliefert haben. Schade, dass dieser Mann nur so wenige Gigs in Deutschland auf dem Plan hat.
Line-up:
Lurrie Bell (guitar, vocals)
Nisse Thorbjörn (harmonica, vocals, guitar)
Markus Lanshammer (bass)
Daniel Winerö (drums)
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