Oli Brown / Songs From The Road
Songs From The Road Spielzeit: 59:01 (CD), 98:00 (DVD)
Medium: CD/DVD
DVD-Technik:
Sound DVD: PCM Stereo
Bildformat: 16:9
Label: Ruf Records, 2013
Stil: Blues Rock

Review vom 16.06.2013


Mike Kempf
Auf dieses Bild- und Tondokument habe ich seit längerer Zeit gehofft. Dank Ruf Records hat Englands Blues Rock-Juwel Oli Brown mit "Songs From The Road" von nun an seine erste DVD im Sortiment. Zwar ist diese leider nur im Stereo-Sound aufgenommen, doch als Trostpflaster ist, so wie es bei Rufs "Songs From The Road"-Serie üblich ist, eine fast einstündige CD beigefügt, deren Songs ebenfalls vom Norwich-Gig des letzten Jahres (16. Dezember) eingefangen wurden, um somit die Regale diverser Plattenläden mit einem attraktiven Doppeldecker zu schmücken.
Bevor ich mich ausgiebig am Hauptgang labe, hole ich mir mit der CD den ersten Appetit und lasse die selbige in meinem Player ihre erste Runden drehen. Für diesen Live-Mitschnitt hat er all seine Vorgängeralben, Open Road, Heads I Win Tails You Lose und Here I Am berücksichtigt - einzig und allein "Next Girl" ist mir unbekannt. Als Veranstaltungsstätte hat er das The Waterfront in seinem Heimatort Norwich auserkoren, um vor allem denjenigen zu danken, die ihm von Anfang seiner Karriere an die Treue halten und maßgeblichen Anteil daran haben, dass seine Aktie stets nach oben schnellt. Der Sound ist perfekt abgemischt, gibt genau die gute Atmosphäre des Konzertes wieder, wie ich sie selbst, z. B. im letzten Jahr, hautnah erleben durfte. Vom Sound, von der gesamten Produktion bin schon mal sehr angetan und kann keinerlei Schwächen herausfiltern. Allein diese Platte ist es wert, um in jedem anspruchsvollen CD-Regal zu landen.
Nach diesem Aperitif kann ich es nicht mehr abwarten, lege anschließend unverzüglich die DVD in meinen Player, um mich abermals achtundneunzig Minuten vom Oli Brown-Virus infizieren zu lassen. Und wirklich, genau das ist es, was mir von ihm bisher gefehlt hat: Eine DVD der Extraklasse, die nur einen kleinen Makel aufweist, nämlich den, dass es leider versäumt wurde, die DVD im 5.1- oder DTS-Surround anzubieten. Bei der außergewöhnlich guten Qualität dieses Musikers hätte man hier ruhig etwas mehr investieren können. Egal, Brown, der erst kürzlich, am 23. Mai, seinen dreiundzwanzigsten Geburtstag feierte, besticht nicht nur als Edelgitarrist, sondern kann auch mit seinen Stimmbändern, die er mittlerweile fälschungssicher 'eingeschliffen' hat, ganz stark punkten und gleicht damit meinen einzigen Kritikpunkt problemlos aus.
Doch der Reihe nach: Zunächst fällt mir sein ungewohntes Outfit, sein unrasiertes 'Gesichtsfell', auf, welches ich so noch nie an ihm gesehen habe. Auch wenn er dadurch ein wenig älter wirkt, dürfte er immer noch ein ganz großer Favorit für alle Schwiegermütter der Welt sein. Beim jungen weiblichen Anhang, der an vorderster Front steht und ab und zu von den Kameras eingefangen wird, glaube ich in deren Blicken schon ein paar verliebte Herzen zu erkennen. Mir geht es nicht anders, doch ist es das gesamte Konzert, das ich in vollen Zügen genüsslich aufsauge und in das ich mich allmählich 'verliebe'. Die DVD startet mit einem Backstage-Besuch und lässt erkennen, dass die Jungs vor dem Konzert gern Pizza verzehren, während Vater Brown sich um den Merchandise-Stand kümmert. Der Abend beginnt genauso wie der der CD und schon beim Opener "Speechless" behandelt der Musiker seine Startocaster mit der Geschicklichkeit und Präzision, die der eines sensiblen Meisters der Uhrenmechanik gleich kommt. "Here I Am" - Yes Oli, Du bist da und das ist auch gut so. Der Song von seinem gleichnamigen Album groovt, dank seiner fantastischen Nebenleute Scott Barnes am Tieftöner und Schlagzeuger Wayne Proctor, der sich in der Vergangenheit zum festen Drummer-Inventar im Hause Ruf Records gespielt hat, mächtig ab.
Vor "Next Girl" wechselt der filigrane Sechssaitenspezi Oli seine Klampfen und nach den ersten Klängen ist mir klar, woher der Wind weht: vom US-Duo The Black Keys, Daniel Auerbach und Patrick Carney. Das Teil fetzt ohne Ende, erst recht durch Browns Eigenkreation, sprich genialem Sololauf. Obwohl er mit "Devil In Me" den Teufel in sich besingt, kann ich getrost beruhigen. Bei ihm fließt derart viel 'blaues' Blut durch seine Adern, da dürften eher die Engel als der Teufel vor Begeisterung in die Hände klatschen. Erst recht, als "You Can Only Blame Yourself" aus den Boxen wabert. Zum wiederholten Male ist es seine Strat, die, wenn der Meister mit ihr höchstpersönlich zum Soloangriff bläst, sich dann glänzend in den Vordergrund schiebt. Extravagante Nahaufnahmen dokumentieren die exzellente Fingerakrobatik des Gitarrenchamps und hinterlassen bei mir nur positive Eindrücke, die ich umgehend in meinem Langzeitgedächtnis abspeichere.
Die Rhythmiker starten zum Al Kooper-Klassiker "I Love You More Than You'll Ever Know", in den sich Brown kurzerhand mit rauchig souligem Gesang und wundervollem Gitarrenzauber in allerbester Manier einbringt und alle drei Musiker schließlich gemeinsam das Teil sicher in den Blues-Hafen lotsen. Klasse Darbietung - von mir gibt's da eine Eins plus Sternchen! Dass meine Adrenalinschübe nicht nachlassen, dafür sorgen die Finaltracks "Remedy" und "Stone Gold". Hier wird noch mal 'gebluesrockt' was das Zeug hält, ohne auch nur ansatzweise übers Ziel hinaus zu schießen. Soll heißen: Trotz aller Dynamik und Power des britischen Trios, leidet nie die Qualität ihres Songgutes, egal welches Tempo sie gerade anschlagen.
Fazit: Mit "Stone Gold (Roxanne)", mit dem Oli Brown den Durchbruch schaffte, schließt sich (vorerst) der Kreis seines bisherigen Steckbriefs. Trotz seines jugendlichen Alters hat er schon mit zahlreichen bekannten Bluesern auf der Bühne gestanden und wird noch in diesem Monat
Joe Satriani auf dessen Tour supporten! Wenn das kein weiterer Ritterschlag ist. Sicher, ob bei Live-Auftritten oder Studioaufnahmen, Oli Brown steht klar im Mittelpunkt des Geschehens. Ob am Gesangsmikro oder an seinen Gitarren, er erspielt sich für mein Empfinden in beidem nur absolute Höchstwerte. Das allein muss nicht unbedingt für ein Spitzenkonzert reichen, doch hat er seinen besonderen Gaben noch eine gehörige Portion Feingefühl beigemischt und somit seinen Songs genau das gewisse Etwas, den treibenden Groove, verliehen, um den Konsumenten mit großer Wahrscheinlichkeit zufrieden zu stellen. Was bleibt mir anderes übrig, als dem Musikfreund einen uneingeschränkten Erwerb der beiden Scheiben zu empfehlen? Nichts - also KAUFEN!
Line-up:
Oli Brown (vocals, guitar)
Scott Barnes (bass, backing vocals)
Wayne Proctor (drums, backing vocals)
Tracklist
CD:
01:Speechless
02:Thinking About Her
03:Maniac Bloom
04:Next Girl
05:Mr. Wilson
06:I Love You More Than You'll Ever Know
07:Devil In Me
08:You Can Only Blame Yourself
09:Stone Cold
DVD:
01:Speechless
02:Thinking About Her
03:Maniac Bloom
04:Here I Am
05:Next Girl
06:Evil Soul
07:Love Is Taking It's Toll
08:Mr. Wilson
09:Devil In Me
10:You Can Only Blame Yourself
11:I Love You More Than You'll Ever Know
12:Remedy
13:Stone Gold
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