Darwin's Radio / Template For A Generation
Template For A Generation Spielzeit: 44:24
Medium: CD
Label: Eigenproduktion, 2009
Stil: Prog Rock

Review vom 04.12.2009


Boris Theobald
Eigentlich dachte ich, das Klonen von Menschen sei immer noch verboten, und da kommt aus Großbritannien so ein Experiment aus dem Bio-Labor. Ja, die zweite Scheibe von Darwin's Radio, das muss ein gentechnisches Experiment sein, so sehr klingt dieses Album meiner bescheidenen Meinung zu Folge nach Neal Morse. Über weite Strecken, zumindest - und es ist ein äußerst gelungenes Experiment, das möchte ich gleich hinzufügen!
"Template For A Generation" ist bereits der zweite Output der Band. Und im Gegensatz zum Vorgänger "Eyes Of The World" (2006) fällt gleich auf, dass das neue Album 'nur' aus drei Tracks besteht - allesamt monstermäßig lang. Den Vogel schießt aber eindeutig der fast 20-minütige Opener "The Illusion Is Freedom" ab, der unglaublich oft an den typischen Morse'schen Longtrack-Stil erinnert, ob aus frühen Spock's Beard- ("The Water", "The Light") oder aus späteren Solo-Tagen ("The Creation", "Lifeline" etc.).
Die klangliche Ausstattung beinhaltet authentische, völlig zeitlose Rock-Gitarren und das gesamte urtypische Prog Rock-Tasten-Repertoire von Klavier über knarzige Orgeln bis hin zu spacigen Synthies. Aufgebaut ist der Song wellenförmig. Es bauen sich geduldig, aber zielstrebig Höhepunkte auf, von einem leichtfüßig-lebendigen, frühlingshaften Klavierthema bis hin zu einem expressiven Refrain, der dem Hörer erstmals bei einer Spielzeit von rund fünf Minuten über die Lauscher kommt.
Der taucht nach sage und schreibe knapp 17 Minuten zum zweiten und letzten Mal auf - dazwischen kurzweilige und rhythmisch diverse Auflüge in den Instrumentalbereich, dazu Spannungskurven zwischen null und hundert, atmosphärische Gesangs-Breaks und Harmonien zum Zungeschnalzen. Alles in allem, was das Songwriting angeht, ein durch und durch gelungenes Prog-Gebilde, das aber überhaupt nicht konstruiert, sondern angenehm lebendig, organisch wirkt. Und würde mir jemand sagen, das sei das neue Morse-Epos, ich würde blindlings unterschreiben!
Der wesentlich kürzere zweite Track "Breathe It In"... naja, elfeinhalb Minuten, eben, trägt im Vergleich deutlich 'neo-proggigere' Züge, ist bombastischer, heavier.
Ziemlich harte und dunkle Riffs und knifflige Frickeleien wechseln sich zum Teil mit Orgel-Drives ab, die an The Lamb Lies Down On Broadway erinnern - sehr ordentlich anzuhören, wie Tradition und Moderne miteinander verbunden werden!
Schlusstrack - wir nähern uns wieder der Viertelstunden-Marke und dynamischen Orgel-Exerzizien mit deutlicher Neal Morse-Handschrift. Dazu diese eindringlichen, spannenden Harmonieabfolgen, der leicht verzerrte und dadurch zart 'retro' angefärbte Gesang... wow. "Age Of Broken Reason" zeigt übrigens, wie gut verdaulich die Stücke trotz aller Komplexität sind. Man hätte auch kleinere Portionen verabreichen können, denke ich mir, während mich dieses Stück mehr und mehr an "?" erinnert...
Den ersten inneren Schnitt gibt es nach fünf Minuten, wo die primäre dramatische Wallung wieder abebbt und ein ruhiger, minimalistischer Neuaufbau aus Klavier und Gesang und später auch wehmütiger Solo-Gitarre folgt. Bei Minutenmarkierung Nummer acht nimmt das Stück dann plötzlich wieder Fahrt auf, und so weiter und so fort. Das ist gut durchstrukturiert und häppchenweise extrem fluffig zu hören.
Obwohl kaum etwas auf "Template For A Generation" wirklich neu klingt - es ist saustark. Und so finden hier sowohl die klassischen Prog Rock-Jünger als auch Anhänger des Neo Progs Nachschub für den Fall schlimmer Entzugserscheinungen. Reinhören sollten auf jeden Fall Fans von Frost*, wo der sehr ausdrucksstarke Sänger Declan Burke (u.a. auch Jupiter Society) seit dem
letzten Album ja ebenfalls hinterm Mikro steht.
Line-up:
Declan Burke (guitar, vocals)
Mark Westworth (keyboard, backing vocals)
Sean Spear (bass)
Tim Churchman (drums)
Tracklist
01:The Illusion Is Freedom (19:18)
02:Breathe It In (11:28)
03:Age Of Broken Reason (13:35)
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