Feste sollte man feiern, wie sie fallen! Eine unumstößliche Regel, die sich selten als unwahr und noch seltener als unangebracht herausgestellt hat. Ein echtes Fest kann dieses Jahr auch die in Dortmund bzw. dem hohen Norden ansässige Band Epitaph feiern, denn ihr wohl bekanntestes (und vielleicht Meister-) Werk "Outside The Law" hatte erst kürzlich seinen vierzigsten Geburtstag begangen. Dass sich die vier Jungs da nicht lumpen lassen wollten, steht außer Frage und bereits seit April ist nun eine auf 250 Exemplare begrenzte Sammler-Box hinsichtlich dieses Albums auf dem Markt, die ihrem Namen alle Ehre macht.
Darin befindet sich nämlich nicht nur die 2010er CD-Ausgabe mit allen (immerhin drei Studio- und vier Live-Tracks von dem Reunion-Konzert in Unna aus dem Jahr 2000) Bonus Tracks, sondern auch noch ein richtig schönes, großformatiges Booklet mit starken Fotos und der Bandgeschichte auf Deutsch (dieselbe, die obige CD-Version in englischer Sprache beinhaltete), einer Postkarte, mit der man sich ein kostenloses Band-T-Shirt schicken lassen kann, ein paar Aufkleber, ein Poster im LP-Format und natürlich das Herzstück: die 180g-Vinylausgabe des Originalalbums, allerdings soundmäßig remastert und auf den neuesten Stand gebracht.
Und was war das für ein Trip hinsichtlich dieser Platte? Eine Reise, die so gut und aussichtsreich begann, sich äußerst vielversprechend weiterentwickelte, dann aber nach und nach in einen Alptraum verwandelte und letzten Endes sogar zur Auflösung von Epitaph führte. Das Quartett war nach seinen ersten beiden veröffentlichten Alben ("Epitaph" von 1971 sowie "Stop, Look And Listen" aus dem Folgejahr) während eines Gigs 1972 einem amerikanischen Labelchef aufgefallen, der die vier Musiker glatt auf eine dreiwöchige US-Tour einlud, die dann im August jenen Jahres auch stattfand. Nachdem 1973 ein Demo (jetzt mit Achim Wielert für den ausgeschiedenen Jim McGillivray am Schlagzeug) für das dritte Album der Band in Hamburg fertiggestellt wurde, trudelte dann sogar eine Einladung für die Albumaufnahmen aus Chicago ein, die der Vierer natürlich hocherfreut annahm. Sowohl die Zeit im Studio (wo die sieben Songs in gerade mal fünf Tagen komplett eingespielt wurden), wie auch die absolvierten Gigs in und um Chicago wurden zu einem vollen Erfolg - alles sah rosig aus.
Bezüglich des Albums selbst brauche ich eigentlich gar keine großen Worte mehr zu verlieren, denn das hat mein Kollege Jürgen bereits bestens hier reviewt.
Wirklich spektakulär gute Arbeit wurde bezüglich der Vinyl-Version geleistet. Zumindest muss ich davon ausgehen, nachdem mir von dem gerade bereits erwähnten Zeitzeugen berichtet wurde, dass die ursprüngliche Version von Billingsgate Records soundmäßig eine mittlere Katastrophe gewesen sein muss bzw. immer noch ist. Die in dieser Box befindlichen 180 Gramm Vinyl klingen dagegen großartig, differenziert, warm und erdig. Eine Scheibe der Originalausgabe besitze ich zwar selbst nicht, aber diese neue Version dürfte im Vergleich dann wohl eine wahre Offenbarung sein.
Aber um zurück zur Geschichte zu kommen: Sogar die Manager-Legende Irving Azoff (damals u. a. The Eagles, Joe Walsh, Journey, REO Speedwagon) war an einer Zusammenarbeit mit Epitaph interessiert, was aber laut den Überlieferungen an der Unfähigkeit ihres eigenen Managers scheiterte. Eigentlich gar nicht auszudenken, was ansonsten alles möglich gewesen wäre. Ende 1974, auf einer weiteren Konzertreise durch die USA, stellte sich dann heraus, dass das Label Billingsgate Records pleite war. Die Situation war sogar so übel, dass Epitaph befürchten musste, auf den Schulden der Plattenfirma sitzen zu bleiben. Weshalb sich die Band dann, um genau dem zu entgehen, auflöste. Eine Liaison mit der Heimat des Rock'n'Roll also, die innerhalb von zwei Jahren von himmelhohen Hoffnungen auf den ganz großen Durchbruch bis hin ins allumfassende Nichts führte...
Glücklicherweise war das Billingsgate-Drama aber nach etwa zehn weiteren Monaten ausgestanden und Epitaph reformierte sich in derselben Besetzung Ende 1975. Im Sommer 1977 verließen Bernd Kolbe (vorübergehend) und Klaus Walz die Band, was u. a. dazu führte, dass der Nachfolger zu "Outside The Law" erst 1979 mit dem kryptischen und doch so vielsagenden Namen "Return To Reality" erschien. Die achtziger und neunziger Jahre waren nicht immer gut zu Epitaph, aber im Jahr 2000 gab es eine weitere Reunion, die in der Formation Cliff Jackson, Bernd Kolbe, Heinz Glass und Achim Wielert-Poret bis heute hält und neben den beiden großartigen Studioalben Remember The Daze (2007) und Dancing With Ghosts (2009) unter anderem auch das starke The Acoustic Sessions (2014) zu Tage brachte.
Neueinsteiger und Interessierte sollten vielleicht zunächst das bzw. die Einzelalben von Epitaph anchecken, für Fans stellt diese Geburtstags-Box aber natürlich ein ganz besonderes Schmuckstück für die Sammlung dar, das sich niemand entgehen lassen sollte.
Line-up:
Cliff Jackson (acoustic-, rhythm- & lead guitars, lead & background vocals)
Klaus Walz (lead guitars)
Bernd Kolbe (bass, lead & background vocals)
Achim Wielert (drums)
With:
Fred Kaz (piano - #3,4)
Billy Shaw (organ - #6)
Tracklist |
LP:
Seite 1
01:Reflexion
02:Woman
03:Big City
04:In Your Eyes
Seite 2
01:Reflexion
02:Woman
03:Big City
04:In Your Eyes
|
CD:
01:Reflection (5:17)
02:Woman (4:18)
03:Big City (5:53)
04:In Your Eyes (2:50)
05:Outside The Law (6:05)
06:Tequila Shuffle (4:59)
07:Fresh Air (9:01)
Bonus Tracks:
08:Train To The City (4:03)
09:Wasted So Much Time (3:00)
10:Kind Of A Man (4:54)
Extra Bonus Live Tracks:
11:Woman (5:53)
12:Outside The Law (7:53)
13:Jims Thing - Drum Solo (2:49)
14:Big City (6:32)
|
|
Externe Links:
|