April - Zeit für Doom. So hat es sich bei uns durch das letztes Jahr in die endgültig letzte Runde gegangenen Doom Shall Rise eingeprägt.
Zum Glück bot sich eine Alternative an, mit drei Bands, die sehr gut auf das Doom Shall Rise gepasst hätten bzw. dort bereits gespielt haben. Die Rede ist von der "European Dissonance"-Tour der Briten Esoteric, die als Support die Chilenen Procession und zumindest auf einem Teil die Schweden
Isole dabei hatten.
Netterweise gab es das auch im Steinbruch-Theater Mühltal (bei Darmstadt), einer coolen Lokation, die wir schon des Öfteren besucht hatten, zuletzt bei dem ebenfalls hörenswertem Dreierpaket Saturnus, Dordeduh und The Vision Bleak. Also nichts wie hin, in der Hoffnung, einen vergleichbaren Abend zu erleben. Interessant, dass wie damals die beiden Vorgruppen sehr lange Spielzeit zugestanden bekamen, nämlich knapp eine Stunde.
Den Anfang machten um 19:45 Uhr Isole, die ich 2005 auf dem Doom Shall Rise zum ersten Mal gehört hatte und sofort begeistert war. 2013 haben wir sie an gleicher Stelle mit ihrem Sideprojekt Ereb Altor gesehen (übrigens handelte es sich dabei um ein Special-Doom-Set, wie mir Basser Jimmy Mattsson im Gespräch am Merch-Stand im 'Steinbruch' erzählte).
Ich kann mich gar nicht entscheiden, welche der beiden Formationen mit besser gefällt, Isole, die Doom mit einem Schuss Pagan-/Viking Metal mischen oder Ereb Altor, die den Weg umgekehrt gehen. Beiden gemeinsam sind die düster-schönen Melodien und der wirklich tolle mehrstimmige Gesang, meistens klar und harmonisch, manchmal auch keifig oder growlend.
Auch an diesem Abend fand ich es einfach nur großartig, wie beide Gitarristen und der Bassist sich ergänzten oder zusammen sangen. Nebenbei beherrschten alle drei ihre Instrumente und 'posten' noch ein wenig damit, indem sie sich in verschiedene Formationen stellten. Das war recht amüsant und bewies Spielfreude - und das obwohl zu Beginn gerade mal geschätzte 20 Zuschauer, später vielleicht 35 anwesend waren. Sie ließen sich davon also nicht den Spaß verderben, ebenso wenig wie von den technischen Problemen, die sie hatten. Leider hatten diese auch Auswirkungen auf den Sound, der klang insgesamt etwas matschig. Wir hatten die Schweden live schon etwas besser gesehen, was nicht heißen soll, sie wären an dem Abend schlecht gewesen… alleine schon wegen dem Gesang nicht… einfach zu schön jedes Mal wieder… den durfte ich immerhin eine knappe Stunde genießen...
Gegen 21 Uhr waren Procession dran, bei denen ich immer noch daran denke, wie wir sie 2011 auf dem Rock Hard Festival gesehen haben: die Ankündigung, sie würden den Himmel verdunkeln mit ihrer Musik, was dann wirklich geschah und zu einem Platzregen führte. Nun, bei einem Clubgig kann das ja nicht passieren bzw. ist es egal, ob es regnet oder nicht…
Die Chilenen machen guten (Epic) Doom, der mir persönlich nicht abgefahren genug ist, trotz starker Songs wie "To Reap Heavens Apart". Nun, vielleicht war es einfach der falsche Abend, zumindest ich war auf ungewöhnlichere Musik eingestellt, bzw. sie hatten das Pech, zwischen zwei Bands aufzutreten, die ich sehr gerne und oft höre. Außerdem sagt mir der Sänger nicht so zu.
Einige waren da offensichtlich anderer Meinung und die Zahl der Zuschauer überschritt doch tatsächlich die 50... Procession wurden recht gut abgefeiert und offensichtlich waren einige hauptsächlich für sie gekommen. Wundert mich nicht, denn das Songmaterial ist schon deutlich eingängiger/zugänglicher als das vom Headliner des Abends. Solider Auftritt, wiederum knapp eine Stunde lang, was sehr fair war.
Esoteric waren da ein ganz anderes Kaliber. Nicht nur, dass das Keyboard, das schon die ganze Zeit hintenan stand, nun zum Einsatz kam und der Bassist einen Stuhl hingestellt bekam, den er den kompletten Auftritt lang nicht mehr verließ - vor ihm eine ganze Reihe Effektgeräte. In der Front stellten sich gleich drei Gitarristen auf: in der Mitte Bandchef Greg Chandler - ob die sehr große Stirn mit dem weit nach hinten gerutschten Haaransatz vom Tragen des Mikros kommt?
Während ich mir noch während des Intros solche Fragen stellte und links von mir mehrere Typen am Schwätzen waren, setzte die Musik mit voller Wucht ein… wie wenn man von einem Kometen getroffen wird, durch ein schwarzes Loch gezogen und dann mit auf die Reise durchs Weltall genommen, vorbei an wabernden Nebeln und manchmal in die Gravitation von Planeten gezogen wird... so waren meine nächsten Gedanken…
Okay, was soll man von einer Band mit CD-Titeln wie "Subconscious Dissolution Into The Continuum" und "Paragon Of Dissonance" erwarten??? Die Tour hieß ja passenderweise "European Dissonance". Und ja, Esoteric bewiesen, dass sie der 'Inbegriff der Dissonanz' sind. Hatten die beiden Vorgruppen noch richtige Songs, so war dies eher ein Klangexperiment. scheinbar endlose Stücke, die von eher sphärischen Sounds über funeraldoomige und metallische Elemente bis zu sehr noisigen Passagen und crustigen Uffta-uffta-Beats wechselten. Teilweise packten die Birminghamer sogar ihre
Grindcore-Wurzeln aus und schepperten mal für zwei Minuten. Alles stark verzerrt, auch die vorwiegend grunzigen Vocals von Frontmann Greg, die oft nur als weiterer Aspekt des ganzen Klanggebildes erschienen, statt als 'Gesang' empfunden zu werden.
Nachteil der Sache: Die Musiker waren damit beschäftigt ihre Töne zu erzeugen, cool rockend oder metallisch wirken spielte keine Rolle und so war der Anblick (auch die Grimassen von Greg) nicht wirklich sehenswert. Tipp: entweder das Licht ganz ausmachen (wurde an dem Abend sowieso gefühlt mit jeder Band dunkler, was sich negativ auf das Fotografieren können auswirkte), also in völliger Dunkelheit spielen. Oder einen Beamer und Leinwand mitbringen und die Klänge optisch untermalen, ein virtueller Zusammenschnitt aus den Covermotiven würde sich anbieten. Da sie weder das eine noch das andere machten, blieb mir nur: Augen schließen und eintauchen. Das Erlebnis bewegte sich zwischen faszinierend und versinken wollen bis zu fast so schon (körperlich) unangenehm aufgrund der extremen Rückkopplung. So stelle ich mir einen Trip vor, nur dass es keine Farben, sondern Töne gab, wobei ich mir teilweise vorzustellen versuchte, welche Schattierungen diese haben könnten. Beeindruckend, anders.
Aber ganz sicher nicht für jedermann/-frau. Der Steinbruch leerte sich zusehends bis nur noch der harte Kern übrig war. Nach gut einer Stunde verließen die Mitglieder von Esoteric einer nach dem anderen die Bühne - die Instrumente dröhnten erst mal weiter. Nachdem diese ausgeklungen waren, forderten tatsächlich manche 'one more song' und die noch anwesenden ca. 15 Leutchen bekamen den dann auch… wobei dieser natürlich wieder etwa 20 Minuten dauerte… bevor gegen Mitternacht endgültig Schluss war. Übrig blieb beim Langsam-in-die-kühle-Nacht-hinaustaumeln die Erkenntnis, etwas wirklich Besonderes erlebt zu haben. Und leider ebenfalls: Dröhnen bzw. Klingeln in den Ohren…
Bieten Esoteric eine esoterische Erfahrung? Vielleicht könnte man es so nennen… aber eine von der dunklen/doomigen Seite...
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