Was benötigt man, wenn man immer noch begeistert von einem der geilsten Festivals im Vorjahr ist und die Neuauflage, das mittlerweile 33. Finki-Festival ansteht? Eigentlich nur Zeit, ein paar Euros in der Tasche und eine etwas bessere Planung, um nicht wie 2014 kurz nach Beginn vom Regen durchweicht und wie ein begossener Pudel in der Gegend zu stehen. All dies stellte die kleine RockTimes-Abteilung in diesem Jahr aber vor keinerlei Probleme und rechtzeitig angekommen, ging es mit großer Vorfreude in Richtung Festival-Gelände. (Markus)
Naja - gar so einfach war das mit der Planung dann doch nicht, denn aus einem Blick auf die Wetterprognose wurden viele. Nicht nur, dass sich die Vorhersagen beinahe stündlich änderten, es wurden bei den unterschiedlichen Wetteranbietern auch die verschiedensten Varianten angeboten.
Von 31° mit Gewittern bis 23° und bedeckt war alles zu finden. Für alle Eventualitäten gerüstet war angesagt und von Sonnencreme bis Regenschirm kam auch so ziemlich alles zum Einsatz, denn Recht behalten sollten alle Wetterfuzzis ein bisschen. (Sabine)
Der Himmel war dieses Mal (zunächst) gnädig und pünktlich um 19:00 Uhr betrat dann die deutsche Legende (und Co-Organisator)
Mani Neumeier die Bühne, um die Sause zu eröffnen sowie den ersten Act des Abends anzusagen. Und bereits dabei handelte es sich immerhin um niemand Geringeren als Rob 'The Tasmanian Devil' Tognoni, der für den eigentlich geplanten, dann aber doch wieder abgesprungenen
Rick Vito verpflichtet werden konnte. Der Australier machte mit seinem Trio gleich schon mal richtig Dampf. Auch davon, dass das Gelände zu dieser frühen Stunde erst etwa zur Hälfte gefüllt war, ließen sich der gute Rob und seine Mitmusiker nicht irritieren oder gar auf die Idee kommen, einen Gang zurückzuschalten. Klasse war das und ein super Beginn des Festival-Wochenendes.
Mit Hundred Seventy Split (um die beiden Ex- Ten Years After-Musiker Leo Lyons und Joe Gooch) stand dann das nächste Highlight an. Live vor der Nase hatte ich das Trio zwar noch nie, was die Engländer aber nicht davon abhielt, mich voll und ganz von sich zu überzeugen. Speziell der immer freundlich-sympathische Lyons mit seinem wahnsinnig starken Bassspiel und der Saitenhexer Joe Gooch überzeugten auf ganzer Linie. Besonders Gooch war ein Augenöffner für mich, da er einfach dieses Besondere in seinem Spiel hat, das ihn von anderen Gitarristen (die auf diesem Level ja alle gut sind) unterscheidet und heraushebt. Sehr beeindruckend, wie ich ganz ehrlich zugeben muss. Leider hatten sich zu Beginn des Gigs die Himmelsschleusen geöffnet und es kam so richtig schön was auf uns runter. Egal, muss so sein, gehört einfach dazu und erst recht konnte es die gute Laune nicht verderben.
Das war's dann aber auch schon mit dem Regen am Freitag und nun stand erstmal »Rock and fuckin' Rooooooll« auf dem Programm.
The Quireboys aus London enterten die Bühne und machten von der ersten Sekunde an keine Gefangenen. Die Band rockte in guter altmodischer Art (eine geile Mischung aus den Rolling Stones und The Faces, um es mal zu beschreiben) und Weise, während der Frontmann Spike das volle Programm als Rampensau (inklusive ständig durch die Luft fliegendem Mikroständer, tänzelnder und stolzierender Rockstar-Attitüde) abspulte. Und dabei war er verdammt authentisch, das kam nicht blöd, sondern richtig, richtig geil. Das Programm war sehr ausgewogen zwischen neuem (u. a.
This Is Rock'n'Roll) sowie älterem (u. a. "7 O'Clock", "Whippin' Boy", "There She Goes Again" oder "Sex Party") Material. Sehr geil und nach dem Abgang der Briten musste man erst mal tief durchatmen, um auch sicher wieder in der Realität zu landen.
Den Abschluss des Freitags machten dann die deutschen Psychedelic-Rocker von Vibravoid, die das über den Abend doch noch beträchtlich angewachsene Publikum ein letztes Mal durch Space und Time rockten. Fazit des ersten Tages: Alle Daumen nach oben! Auch in diesem Jahr sehr geile Bands, die Bewirtung so hervorragend wie schnell und der Regen gab lediglich ein kurzes Gastspiel. Und so ging es (vom langen Stehen) zwar erschöpft, aber glücklich und zufrieden erst mal in die Federn, um Kraft für den zweiten Tag zu tanken.
Der Samstag weckte uns mit Sonnenstrahlen, einem überirdisch schönen blauen Himmel und dem Sound einer sehr kommunikativen Ziegenfamilie auf der anderen Straßenseite, die sich zum Frühstück die Wiese eines kleinen Abhangs vorgenommen hatte. Früh wieder auf dem Festival-Gelände angekommen, konnten wir gegen Mittag noch Rob Tognoni – ganz der Australier - bei der Verzehrung seines 'Guten Morgen-Bierchens' erspähen und selbst ein paar Stunden das herrliche Wetter bei Kaffee und Kuchen genießen, bis um 15:00 Uhr die Mars Mushrooms den Tag musikalisch eröffneten. Eine sehr geile Band, die den Jam Rock-Freunden unbedingt ans Herz gelegt werden muss. Mit klasse Jams (mit immer wieder mal Referenzen zu den Grateful Dead und The Allman Brothers Band), die dazu von richtig guten Songs umrandet wurden, verbreitete das Quartett umgehend eine tolle Atmosphäre und viele staunende sowie zustimmende Blicke.
Ab etwa 17:00 Uhr stand die Ax Genrich Band auf der Stage und konnte mit ihrer Mischung aus Psychedelic und Rock'n'Roll ebenfalls wieder viele Feunde finden. Das Highlight des (vielleicht auch nur von mir als zu kurz empfundenen) Auftritts war dann "Zaragoza/On The Route To Spain" (vom letzten Album
In A World Of Dinosaurs) bei dem die Guru Guru-Musiker Mani Neumeier und Roland Schaeffer zu Gast waren.
( Markus)
Erstaunlich fand ich, wie anders das Songmaterial der Platte "In A World Of Dinosaurs" live bei mir ankam. Die Gänsehaut beim Titeltrack wollte gar nicht aufhören und eigentlich müsste da doch jeden Moment ein Brontosaurus um die Ecke biegen, so sehr wie die Erde bebte. Die absolute Überraschung war für mich "The Sound Of No Return". Das kam unheimlich spannend und lebendig rüber, mit einer ganz anderen Energie als die Version auf dem Silberling. Es war definitiv mein persönliches Highlight des Ax Genrich Band-Auftritts, der ruhig noch eine Weile hätte weitergehen dürfen.
( Sabine)
Die Ton Steine Scherben waren in Person von Kai Sichtermann, Funky Götzner, Nikel Pallat, Marius Del Mestre, Jörg Schlotterer und Angie Olbrich durchgehend mit Originalmusikern bzw. seit den frühen Siebzigern in der Scherben-Kommune lebenden Leuten aufgelaufen. Leider fehlte der Gitarrist R.P.S. Lanrue, aber es wurde eh ein halbakustischer Gig gespielt, der von vornherein auch als solcher angekündigt war. Man weiß es zwar, aber es trifft einen dann doch immer wieder wie ein Hammerschlag, wenn erneut so richtig bewusst wird, WAS für ein starker Sänger und Performer der selige
Rio Reiser doch war. Und ganz speziell merkt man es spätestens in dem Moment, wenn andere seine Songs zum Besten geben.
Die Highlights des Auftritts waren dann auch ganz klar das von Angie Olbrich gesungene "Komm, schlaf bei mir" (oh Mann, hatte ich da Gänsehaut und Pippi in den Augen...) sowie Nikel 'Paul Panzer' Pallats "Guten Morgen". Aber wenn man mal davon absieht, dass Songs wie z. B. "Keine Macht für Niemand" halbakustisch nicht wirklich funktionieren (da muss schon die Rock-Besetzung ran!) und Rio Reiser eben nicht mehr da ist (und nie wieder zurückkommen wird), war es für den Rezensenten einfach nur schön, die Band – die er seit über 30 Jahren hört und noch nie live gesehen hatte – endlich mal auf den Bühnenbrettern erleben zu dürfen. Selbst wenn die meisten Songs an diesem Tag etwas 'runder' und melodischer gebracht wurden. Wie uns Nikel Pallat im Anschluss in einer sehr netten Unterhaltung mitteilte, wird die kommende Herbst-Tour aber dann tatsächlich mit der Rock-Besetzung und (ganz wichtig!) Lanrue an der Gitarre durchgezogen. RockTimes freut sich bereits darauf!
Als dann Guru Guru das Zepter übernahm, war das Gelände so gut wie pickepacke voll. Mittlerweile hatte es zwar wieder angefangen leicht zu regnen, aber daran störte sich eigentlich niemand mehr. Wie eigentlich immer wurde das Publikum auch an diesem Abend nicht enttäuscht und die Band legte einen starken Auftritt hin. Dass sich einige Songs aus dem Vorjahr wiederholten, spielte ebenfalls keine Rolle, denn Nummern wie "Living In The Woods", "Ooga Booga Special", "Rollin' Through The City" oder selbstverständlich der "Elektrolurch" müssen bei einem Guru Guru-Gig einfach mit dabei sein, sonst würde einfach schlicht und ergreifend etwas fehlen.
Immer wieder einfach nur erstaunlich sind die Auftritte von Arthur Brown. Fast unglaublich, wie agil und fit der Mittsiebziger auch in diesem hohen Alter noch ist. Die Band ließ (sowohl musikalisch wie auch vom Visuellen her) ebenfalls nullkommanix anbrennen und der Höhepunkt der Show war natürlich wieder der Klassiker "Fire". Langweilig wurde es also auch an diesem Samstag zu keinem Zeitpunkt. Der Abschluss des diesjährigen Finki-Festivals wurde schließlich von dem Psychedelic-Act Fai Baba bestritten, der das Publikum noch einmal voll auf seine Seite ziehen konnte.
Bis auf einen einzigen 'Blindgänger', der das RockTimes-Motto 'Nimm dir Zeit für gute Musik!' auf meinem T-Shirt zum Anlass nahm, mich persönlich energisch und nicht sehr nett aufzufordern, dann jetzt verdammt nochmal auch »...endlich gute Musik zu machen!!« (Schwamm drüber, es war ja auch sehr heiß Mittags und wenn man sich dann quantitativ noch beim Trinken verschätzt...), war das Finki-Festival 2015 wieder einmal ein Vorzeige-Event vor dem Herrn. Die Organisation ist nahezu perfekt, die Umbaupausen sind kurz, die Stimmung wie das Publikum unglaublich nett und relaxt, die Bewirtung (ich hatte es bereits angesprochen) sowohl qualitativ wie auch von den Wartezeiten sehr vorbildlich und auch die angetretenen Bands waren durch die Bank spitze. RockTimes freut sich auf jeden Fall bereits jetzt auf Finkenbach im Jahr 2016!
Unser spezieller Dank geht an Mani Neumeier, Karlheinz Osche und das komplette Organisations-Team des Festivals für die sehr freundliche und freundschaftliche Zusammenarbeit.
(Markus)
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