Das zweite Mal in Folge auf dem NOAF, das zweite Mal in Folge mit Regen. Wie auch 2010 meinte es Onkel Petrus auf dem wohl einzigen, mehrtägigen Rock/Metal-Festival in meiner Heimatregion Rheinhessen mit den Besuchern nicht allzu gut. Am Freitag fing es passend zu Ross The Boss für etwas mehr als eine Stunde an, wie aus Strömen zu kübeln, was das Gelände und den naheliegenden Parkplatz in Windeseile zu einer einzigen Schlammwüste mutieren ließ. Dies stellte dann nicht nur ein Problem für die Besucher auf dem Gelände dar, die, sobald sie einen Schritt taten, ca. ein halbes Kilo Schlamm an den Füßen hängen hatten, sondern auch für die Autos: Wer Tagesbesucher war und am Freitag nachts wieder heimfahren wollte, der durfte feuchte Trainingsstunden für die Rallye Dakar einlegen... Nichtsdestotrotz: Rund 2500-3000 Besucher hatten in Wörrstadt bei einem mehr als fairen Eintrittspreis von insgesamt 24 € (inklusive Camp- und Parkmöglichkeit) sicherlich größtenteils ihren Spaß: Und das ist am Ende ja das, was zählt!
Freitag, 26.08.
Als ich am ersten Festivaltag eintraf, waren gerade Burden zugange, die insgesamt für anständigen Stoner/Doom stehen. Auch live schienen sie voll überzeugt zu haben, was mir Bekannte bestätigten, die den kompletten Gig sahen. Spontan durften sie etwa eine Viertelstunde länger auf den Brettern stehen, da die Modern-Metaller von Deadlock in einem mehrere hundert Kilometer entfernt Stau standen und deshalb nicht rechtzeitig auf die Bretter konnten. Einige Kids hat's weniger gefreut, mir persönlich hat's wenig ausgemacht. Ist bekanntlich eh nicht meine Baustelle.
Die Ersten am Abend, die mich brennend interessierten, war die natürlich die Band um Ex- Manowar-Klampfer Ross The Boss, die rund eine Stunde mit einer gelungenen Mischung aus Solostücken (viel Material vom letzten Album Hailstorm) und alten Klassikern der 'Kings Of Metal' faszinierten. Und somit war es natürlich völlig unumgänglich, Evergreens wie "Thor (The Powerhead)", "Hail And Kill" und die mächtige "Battle Hymn" ins Rund zu schmettern. Auch Sänger Patrick Fuchs scheint sich stimmlich stetig zu verbessern und das Zusammenspiel zwischen Saitenhexer Ross Friedman und der restlichen Band harmoniert mittlerweile verdammt gut.
Ein großes Problem stellte das bereits ganz oben erwähnte Wetter dar, das während jener Show das Ganze zu einer echten Mutprobe werden ließ. Doch auch aus dieser Situation machte Patrick noch das Beste, indem er sich mehrmals bei dem treuen Publikum bedankte, das diesem Wetter den erhobenen Mittelfinger entgegen streckte. Insgesamt kein Vergleich mit der zweistündigen Megashow auf der 40. Geburtstagsparty von KIT-Veranstalter Oliver Weinsheimer, dennoch sehr unterhaltsam. Trotzdem noch ein kleiner Kritikpunkt: Spielt bitte das nächste Mal wieder "Gloves Of Metal" und "Bridge Of Death", DEN Manowar-Song überhaupt!
Nach einem gelungenen Umparkmanöver meines Autos raus aus dem Schlammbrei, war ich bereit, die nächste Band zu begutachten: Grand Magus, die - wie auch Ross The Boss - wieder mal von zwei Mitveranstaltern höchstpersönlich angesagt wurden (sind übrigens an diesem Abend ziemlich bescheuert aussehend in Hip Hop-Kleidung auf die Bühne getrampelt und zogen das Ganze mit ihren Parolen in meinen Augen vielmehr ins Lächerliche, als dass es irgendwie witzig war...). Nun gut: Wie auch die beiden Male zuvor, bei denen ich die Ehre hatte, die drei Schweden zu begutachten, fuhren sie mal wieder ein göttliches Heavy/Doom-Brett auf, das nach wie vor seinesgleichen sucht! Die Uhrzeit des Auftritts wurde passend ausgesucht, die Sonne war bereits untergegangen; eine perfekte Atmosphäre für episch-düstere Songs wie Hammer Of The North, Iron Will oder "Ravens Guide Our Way", um nur mal einen kleinen Auszug zu nennen. Toller Sound, noch bessere Songs und verdammt sympathische Musiker. Eine Band, die das Zeug hat, in Zukunft ganz weit vorne mitzumischen: Sie sind auf dem besten Wege!
Danach wurde es auch schon Zeit für den Headliner des ersten Abends: Grave Digger! Über die musikalische Erstklassigkeit der Gladbecker muss ich mich hier sicher nicht mehr auslassen; wer "Rebellion (The Clans Are Marching)", "Knights Of The Cross" oder die Bandhymne "Heavy Metal Breakdown" nicht kennt, hat eindeutig eine große Wissenslücke im Bereich traditioneller Metal und sollte die Fakten schleunigst aufholen. Die Show an sich war für mich allerdings trotz einer professionellen Performance, einem fetten Sound und einer sichtlich gut gelaunten Band sehr vorhersehbar. Grund: Die Setlist war identisch mit der vom Frankfurter Tournee-Konzert im März. Heißt: Der erste Teil des Sets bestand aus Songs, die sich ausschließlich mit den schottischen Themen auseinandersetzen, der zweite Teil bestand aus den restlichen Stücken und die Zugabe aus Gassenhauern wie eben "Heavy Metal Breakdown" (dass ich da mal wieder in tiefste Ekstase verfiel, ist sicherlich auch keine Neuigkeit). Definitiv: Supergeile Unterhaltung, aber eben nichts Neues.
Wer danach noch Bock auf Livemucke hatte, der konnte sich als Betthupferl die Melodic Death Metal-Combo Burden Of Grief reinpfeifen, doch nachdem ich nach dem Headliner aussah, als hätte ich mich in einem Schützengraben des ersten Weltkriegs verirrt, wurde die direkte Heimfahrt zur Säuberung und Erholung für den nächsten Tag bevorzugt.
Samstag, 27.08.
Nach einer ausgiebigen Nacht in den heimischen Federn traf ich mitsamt Gefolgschaft am zweiten Tag um etwa 16:30 Uhr ein, um rechtzeitig zum Anfang von Motorjesus vor der Bühne zu stehen. Direkt beim ersten Song fing es erneut an zu regnen, doch diesmal weitaus erträglicher als am Abend zuvor und nur für ein paar Minuten. Die Show der deutschen Stoner-Rock'n'Roller hingegen konnte einen Großteil der Meute überzeugen, auch wenn ich persönlich noch nicht mit ihrem Stoff vertraut war. Muss ich eventuell bald mal ändern...
Daraufhin stiegen Psychopunch auf die Bretter, die einen Mix aus Punk, Rock'n'Roll und Psychobilly zum Besten gaben. Musikalisch nicht ganz meine Baustelle, man muss allerdings betonen, dass sie es verstehen, das Publikum gekonnt zu unterhalten. Zudem scheinen die Musiker auch abseits der Bühne sehr sympathische Zeitgenossen zu sein: Nach dem Auftritt bot mir der Frontmann der Skandinavier erst einmal vor dem Gelände etwas zum Bechern an, was ich aufgrund der notwendigen Fahrtüchtigkeit leider Gottes ablehnen musste.
Und nun einer der Hauptgründe, sich Samstags erneut auf das Schlammschlachtfeld zu begeben: Suicidal Angels aus Griechenland. Die zu Recht allerorts gelobten Slayer- und Kreator-Erben fuhren wieder mal 45 Minuten lang eine Abrissbirne auf, die ihresgleichen suchte. Viele Songs des Sets stammten von aktuellen Knüppelbrett "Dead Again" und wurden von der anwesenden Thrash-Fraktion gebührend gefeiert. Ein paar Songs des vorherigen Albums "Sanctify The Darkness" gab's auch noch zu hören, das hierauf enthaltene "Apokathilosis" markierte den Abschluss. Wieder einmal ein verdammt geiler Sound, ein angepisst wie Sau ins Mikro motzender Nick, der auf der Bühne jedes Mal ausschaut, als würde er Posern am liebsten gleich die Augen ausreißen und Hassbatzen wie sie Bilderbuch stehen. Thrasher-Herz, was willst Du mehr? Ein absolutes Highlight!
Dass man als konsequenter Old School-Metaller wenig Bock hat, sich die Crossover-Mannschaft Emil Bulls und die Metalcore-Schergen von Neaera anzutun, ist sicherlich nachvollziehbar. Ein paar zu modernem Stoff tolerantere Bekannte berichteten von zwei energischen Shows, die das Publikum mächtig in Stimmung gebracht haben sollen. Na denn, da scheint die Verpflichtung ja allgemein Sinn gemacht zu haben...
Headliner, Teil 2: Sodom. Nachdem bereits letztes Jahr Kreator für diesen Slot verpflichtet wurden, waren 2011 die anderen Ruhrpott-Rumpler des deutschen Thrash-Dreiergestirns ( Kreator, Destruction und eben Sodom) an der Reihe. Los ging's mit dem Titelsong des aktuellen (meiner Meinung nach ziemlich langweiligen) "In War And Pieces"-Albums, es folgte die altbekannte Mischung aus Stücken jüngeren Datums (z.B. "M-16") und alten Klassikern (Cool, dass mal so etwas wie "Proselytism Real" und "Blasphemer" mit im Set war!). Der neue Drummer scheint sich auch ganz gut in die Band eingelebt zu haben, obwohl ich nach wie vor die alte Pott-Ikone Bobby noch sehnlichst vermisse. Ein ganz großes Manko der Show war allerdings das Publikum: Einige scheinbar nicht allzu hochbegabte Pogoglatzen hatten wohl extremen Spaß daran, Kuttenträger auf asoziale Art und Weise anzupogen, was vielleicht nicht jeder haben möchte. Dass sich die Leute, die darauf keinen Bock haben, dann mal mit den vorhandenen Händen wehren, ist vielleicht auch nicht so ganz abwegig! Nun ja, ansonsten war's halt Sodom, wie man sie kennt und eben liebt oder auch nicht. Definitiv keine Überraschung, aber - abgesehen von der aggressiven Rumschubserei vor der Bühne - eine solide Show, die insgesamt rund 90 Minuten dauerte.
Danach gab es mit den brasilianischen Death-Thrashern von
Torture Squad noch einmal rund 45 Minuten ordentlich eins auf die Glocke. Los ging's mit dem Opener des neuen Killeralbums Aequilibrium, in weiteren Verlauf des Sets befanden sich dann auch einige Kracher der beiden vorherigen - mindestens genauso geilen - Scheiben Hellbound und "Pandemonium". Supergeil, wie Fronter Vitor es jedes Mal schafft, mit einer höchst originellen Mischung aus Gegrunze und martialischem Geschrei aufzufahren. Zudem gab's zwischendrin immer wieder ein paar lustige Ansagen, die das musikalische Gemetzel gekonnt auflockerten. Ein äußerst lobenswerter Abschluss des diesjährigen Durchlaufs!
Ob ich nächstes Jahr wieder aufs Neuborn Open Air fahre, weiß ich ehrlich gesagt noch nicht! Ich werde es 2012 definitiv kurzfristig entscheiden, denn sobald es während der zwei Tage dort regnet, werde ich - obwohl alles andere als ein überzeugter Sesselfurzer - mit meinem Hinterteil noch lieber auf der hauseigenen Couch bleiben: Ich habe nämlich ehrlich gesagt keinen Bock mehr, mir noch ein weiteres Mal eine solche Schlammschlacht zu geben. Im Trockenen und mit ein paar zünftigen Metallern der alten Schule auf der Bühne gerne wieder, aber mit Matsch? Nein, danke! Mein letztendlicher Dank geht an Pressebetreuer Daniel Krämer für die kurzfristige, unbürokratische Akkreditierung. Die Bilder stammen von Alexandra Schäfer, die freundlicherweise ein paar feucht-fröhliche Schnappschüsse aus dem Publikum offenbaren konnte.
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