Es ist schon komisch! Nach den Besprechungen seines letzten Studioalbums Blood On The Highway, unserem Interview mit dem Meister und seiner gleichnamigen Autobiografie in Buchform kommt mir der gute Ken Hensley mittlerweile fast schon wie ein alter Bekannter, ja geradezu familiär vor. Und jetzt, zum vorläufigen Abschluss dieses groß angelegten Werkes, liegt mir auch die Doppel-DVD des Konzertes vom 22. Mai 2007 in der Hamburger Fabrik vor, das speziell zur Feier der CD- und Buchveröffentlichung gegeben wurde.
Hensley schaffte es dafür tatsächlich, alle Gastmusiker des Albums auf die Bühne zu bringen. Bis auf eine Ausnahme, denn wie ein sichtlich enttäuschter Ken ca. eine halbe Stunde nach Beginn der Show dem Publikum mitteilen musste, saß Glenn Hughes (Ex- Trapeze, Ex- Deep Purple) wegen eines Pilotenstreiks in Rom fest und konnte somit aufgrund höherer Gewalt nicht auftreten. Aber auch das tat der offensichtlichen Spielfreude der zu diesem Zeitpunkt bereits warmgelaufenen restlichen Musiker keinen Abbruch mehr.
Der Abend war in zwei Sets aufgeteilt. In Teil Nr. 1 wurde das komplette neue Studioalbum in seiner Gänze uraufgeführt und dabei ist auf der Bühne so Einiges los. Waren die Stücke in ihren Original-Fassungen bereits vollkommen überzeugend, von erstklassigen Musikern eingespielt und vom Rezensenten rückblickend zu schwach benotet, so setzt die versammelte Mannschaft live vor Publikum sogar noch einen drauf! Jedem Beteiligten ist anzumerken, dass er/sie voll konzentriert und zu 150 % bei der Sache ist. Und der Meister selbst? Der durchlebte die Songs, bzw. deren thematische Handlungen geradezu ein zweites Mal in seinem Leben.
Jorn Landes (u.a. Ex- Masterplan) visuelles Charisma ist zwar nicht ganz so außergewöhnlich wie seine Stimme, diesen (wirklich nur kleinen) Makel macht er mit seinen Vocals allerdings mehr als wett und glänzt bei (Hard-) Rock-Perlen wie zum Beispiel "We're On Our Way", "Blood On The Highway" oder "You've Got It" auf ganzer Linie. Eve Gallagher hat ihren ersten Gastauftritt bei "The Last Dance". Und was für einen!! Mit ihrer powervollen Soul-Röhre lässt die Lady die Nackenhärchen des Rezensenten unmittelbar in die Senkrechte gehen. Nicht ganz so stark wie bei den Vorgenannten, aber immer noch gut, kommt die Performance von John Lawton(Ex- Uriah Heep), was den ersten Set dieses Abends schon alleine zu einer lohnenswerten Anschaffung macht!
Set 2 startet zunächst mit "Out Of Control" und "Brown Eyed Boy" noch relativ unspektakulär, bis dann mit "Circle Of Hands" und "The Wizard" zwei absolute Highlights des Uriah Heep-Backkatalogs folgen. Hier wird's dann auch mal allerhöchste Zeit, Hensleys hervorragende Band "Live Fire" vorzustellen. Da wäre mit Sid Ringsby (bass, background vocals) und Willy Bendiksen (drums) erstmal die weit mehr als nur solide und zuverlässige Rhythmusabteilung. Dann sind da Eirikur Hauksson und Ken Ingwersen an den Gitarren. Während Hauksson bei einigen Songs (z.B. "Circle Of Hands") auch als Lead Vocalist eine sehr gute Figur abgibt, ist es vor allem Ingwersen, der an der Solo-Gitarre durch einen sowohl perfekten, warmen Sound, technischer Größe und einem sagenhaften Feeling glänzt.
Mitten im Stimmungs-Hoch freut man sich dann auf "Free Me", das in der Ur-Version ja in den Heep-Jahren mit John Lawton entstanden war. Gewisser Mr. Lawton macht hierbei aber wirklich alles andere als eine gute Figur. Die hohen Töne will oder kann er nicht mehr treffen, versucht es deshalb erst gar nicht und überlässt diese Passagen offensichtlich uninspiriert dem Publikum. Sehr schade, denn diesen Song hatte ich irgendwie immer gemocht.
Zu meinem Entsetzen bleibt Lawton dann auch für den Klassiker "July Morning" auf der Bühne, nur um sich irgendwie durch die Nummer durchzuschummeln. Das führt teilweise zu fast tragischen Momenten und man ist froh, wenn Ken Hensley dann den Gesang für ihn übernimmt. Bei dem Duett zu "Rain" mit Eve Gallagher ist Lawton dann aber überraschenderweise von einer auf die andere Sekunde wieder voll im Saft und tritt selbst bei den höheren Tönen Arsch. Seltsam, seltsam… .
Es folgen "Stealin'" und das unvermeidliche "Easy Livin'", bei dem Jorn Lande zurück am Mikro ist und einmal mehr alles mitreißt. Den Abschluss bildet schließlich der weltweit wohl bekannteste Uriah Heep-Track "Lady In Black", bei dem alle an diesem Abend beteiligten Musiker auf der Bühne stehen und ihren Teil zu einer abgefahrenen Jam-Version dieses Stückes beitragen. Na ja, fast den Abschluss, denn in Gestalt des weiteren Klassikers "Gypsy" gibt es auch noch eine letzte Zugabe, bevor der Vorhang endgültig fällt.
Mit einem ganz fetten Teil, einem sehr starken Konzert haben wir es hier zu tun. Viele Höhepunkte, ganz wenige Minuspunkte! DVD Nummer 2 bietet einen Kurzfilm über Ken Hensleys Ankunft am Hamburger Flughafen und dem Nachmittag des Konzertes beim Begrüßen seiner Mitmusiker. Das Herzstück bildet aber ein wirklich ausführliches und sehr interessantes Interview mit dem Maestro himself, der dabei sehr sympathisch und ehrlich erscheint.
Insgesamt kann es eigentlich nur ein einziges Fazit geben: Eine absolute Kaufempfehlung!!
Line-up
Ken Hensley (Hammond, guitar, dobro, vocals)
Eirikur Hauksson (vocals, guitar)
Sid Ringsby (bass, vocals)
Ken Ingwersen (lead guitar, vocals)
Willy Bendiksen (drums)
Eve Gallagher (vocals)
Jorn Lande (vocals)
John Lawton (vocals)
John Smithson (violin - #22)
Ralf Böcker (saxophone)
Jana Mischenina (violin)
Daniela Muntean (viola)
Ruxandra Klein (violin)
Nora Kowalski (cello)
Tracklist |
DVD 1:
01:Just The Beginning
02:We're On Our Way
03:Blood On The Highway
04:You've Got It
05:It Won't Last
06:Think Twice
07:There Comes A Time
08:Okay (This House Is Down)
09:What You Gonna Do
10:Postscript
11:I Did It All
12:The Last Dance
13:Out Of My Control
14:Brown Eyed Boy
15:Circle Of Hands
16:The Wizard
17:Free Me
18:July Morning
19:Rain
20:Stealin'
21:Easy Living
22:Lady In Black
23:Gypsy
|
DVD 2:
01:Ankunft in Hamburg
02:Interview mit Ken Hensley
|
|
Externe Links:
|