Eigentlich war der Besuch dieses Gigs so gar nicht eingeplant. Immerhin war der texanische Sänger/Gitarrist und Songschreiber Lance Lopez für das merkwürdigste Konzert in meinem bisherigen Leben als Besucher von Rock- und Blues-Shows verantwortlich, das ich bisher erlebt habe. Dabei brachte er es tatsächlich fertig, in einem über dreistündigen Set die relativ gut besuchte Bluesgarage in Isernhagen fast vollständig leer zu spielen. Und das nicht etwa durch musikalisches Unvermögen, sondern durch absolute Übermotivation. Er übertrieb ganz einfach seine Spielfreude und zerpflückte dabei fast jeden Song mit endlosen Soloeinlagen, dass es selbst einem eingefleischten Gitarrenfreak wie mir zu viel wurde und ich kurz vor Ende der Session den Saal verließ. Ganz klar wurde hier das 'Weniger ist manchmal mehr' außer Acht gelassen, was dem Auftritt gar nicht gut tat.
Doch nun, in einem Abstand von fünf Jahren, bot sich die Gelegenheit, in Rainers Rockhaus zu überprüfen, ob der Texaner sich inzwischen etwas angepasst hat und nun auf 'normalem' Level auftritt, denn schließlich kamen die Support-Jobs bei Leuten wie B.B. King, Jeff Beck und ZZ Top ja nicht von ungefähr und belegten, dass der Mann ein wirklich guter Gitarrist ist. Auch bei seinem Auftritt beim WDR-Rockpalast konnte er voll überzeugen und ein breites Publikum begeistern. Anscheinend fehlte ihm damals nur die richtige Dosierung bei den Konzerten, eine Tatsache, die man auch erst erlernen muss, um weiter in Richtung Spitze der Rockmusik-Liga aufzusteigen.
Es schien sich also inzwischen so Einiges geändert zu haben bei Lance Lopez, der mit diesem Konzert seine Tour durch Deutschland und die Schweiz eröffnete, die bis Anfang Juni laufen und ihn unter anderem auch zu Open Airs in Osnabrück, Eutin und Dresden führen wird. Diesmal mit dabei sind die beiden serbischen Musiker Pablo Pantecic am Bass und der Schlagzeuger Vlada Micric, die den Gitarristen schon des Öfteren auf seinen Trips durch Europa begleitet haben und so mit der aktuellen Setlist einigermaßen vertraut sind, obwohl sie bei den Aufnahmen der entsprechenden Alben nicht dabei waren. Das Trio wirkte aber dennoch prima eingespielt, obwohl Lance Lopez gerade erst aus Dallas eingeflogen und direkt vom Frankfurter Airport nach Algermissen gekommen war, sodass ein gemeinsames Proben vollkommen entfallen musste.
An Jetlag schien der schwergewichtige Gitarrist jedenfalls nicht gelitten zu haben, denn er wirkte den ganzen Abend ziemlich aufgeräumt und gut gelaunt, wovon ich mich selbst bei einem kurzen Smalltalk mit ihm nach dem Konzert persönlich überzeugen konnte. Leider verirrten sich an diesem Donnerstag nicht allzu viele Leute ins Jim Knopf, was allerdings der guten Stimmung nicht abträglich war und auch der Band nicht viel auszumachen schien. So lief ein gut zweistündiges Konzert in der bewährten intimen Atmosphäre ab, die man von Rainers Rockhaus gewohnt ist und nicht missen möchte.
Wie erwartet fuhr der Dreier ein ziemlich hartes Brett. Diese Sounds knallten einem schon ganz schön heftig um die Ohren, wobei es für meinen Geschmack allerdings nicht zu laut abging. Der Klang war durchaus okay und ging trotzdem erbarmungslos in die Eingeweide. So muss Blues Rock der härteren Gangart klingen, wenn er richtig rüberkommen soll. Von der Setlist her standen die beiden letzten Alben Salvation from Sundown (2010) und Handmade Music (2011) im Mittelpunkt, auf denen Lance Lopez ja auch einige Coverversionen umarrangiert und ganz in seinen Stil verwurstet hat. Dabei gab es immer wieder tolle Soloeinlagen des Gitarristen, die sich längenmäßig aber in einem ganz normalen Rahmen bewegten und nicht zu sehr ausarteten. Mitunter ließ Leslie West bei diesen Darbietungen grüßen.
Mehrere Male machte sich Lance Lopez auch auf den Weg ins Publikum, um seine Gitarrenkünste ganz hautnah zu demonstrieren. Ein Effekt, der ja bei den Zuhörern immer wieder gern gesehen wird, denn es macht natürlich Spaß, so einen Musiker direkt vor sich zu haben. Und wenn dann auch noch ein Slow Blues auf dem Programm steht, dann sind diese Ausflüge immer ein Garant für gute Stimmung. Ansonsten machten die Losgehnummern das Gros des Auftrittes aus, wobei der Boogie "Come Back Home" für mich ein Highlight war. Aber auch das Robert Johnson-Cover "Traveling Riverside Blues" ging mächtig in die Beine. Doch es ging auch verschleppt oder gar, für Lopez-Verhältnisse, ruhig zu. Hier sei der Don Nix-Song "Black Cat Moan" oder das überragende "Dream Away" besonders erwähnt. Das waren schon echte Hörgenüsse.
Zugaben gab es auch - insgesamt drei an der Zahl. Und dabei schoss "Crossroads" für mich absolut den Vogel ab. Diese Version würde ich durchaus auf eine Stufe mit der Fassung von Cream stellen. Da ging aber mal so richtig die Post ab. Auch der Funk Rock wurde mit einem Song gestreift, und hier bekamen die restlichen beiden Bandmitglieder die Möglichkeit zu solieren, was sie auch gründlich ausnutzten. Alle drei Musiker machten einen richtig guten Job. Dazu malträtierte Lance Lopez sein Arbeitsgerät mit allen Mitteln, wobei auch das Wah Wah- Pedal oft eingesetzt wurde. Alles in Allem hat sich dieser Konzertbesuch trotz meiner Vorbehalte echt gelohnt, und Lance Lopez hat nun auch bei mir gepunktet.
Unser besonderer Dank geht mal wieder an Rainer Pullwitt für die problemlose Akkreditierung. Danke für Alles, Rainer!
Line-up:
Lance Lopez (guitar, vocals)
Pablo Pantecic (bass)
Vlada Micric (drums)
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