Lance Lopez / Live In NYC
Live In NYC Spielzeit: 47:24
Medium: CD
Label: Cleopatra Records, 2016
Stil: Rock, Blues Rock, Blues

Review vom 13.06.2016


Jürgen Bauerochse
Es gibt für mich wohl keinen anderen Musiker, zu dem ich ein zwiespältigeres Verhältnis habe, als zu dem texanischen Sänger/Gitarristen Lance Lopez. Obwohl für mich der kräftige Texas Blues der Marke Johnny Winter, Stevie Ray Vaughan und ZZ Top, um nur einige zu nennen, immer eine große Rolle gespielt hat und ich auch an Sounds eines Jimi Hendrix nicht abgeneigt bin, hat es der gute Lance tatsächlich geschafft, mir zwei völlig verschiedene Seiten dieser Musik aufzuzeigen. Schaffte er es bei seinem Gig in der Bluesgarage im Jahr 2008 doch tatsächlich, den Saal bei der über dreistündigen Show im wahrsten Sinne des Wortes leer zu spielen, indem er seinen Gitarrensound dermaßen auseinandernahm, dass selbst der selige Jimi einen Tinitus bekommen hätte, so erlebte ich die Band fünf Jahre später in Algermissen absolut gefühlvoll und ohne diese brachiale und übertriebene Gewalt. Zudem gab es zu der Zeit das Studio-Album Handmade Music, das mich voll überzeugen konnte.
Damit keine Zweifel aufkommen: Lance Lopez ist wirklich ein sehr guter Gitarrist, der bestimmt niemanden seiner Zunft zu fürchten hat, aber nur wenn er seine Hyperaktivität im Zaum hält und nicht alles in Schutt und Asche spielen will.
So war ich doch ziemlich gespannt, wie der neue Live-Longplayer "Live In NYC" ausgefallen ist, der mir jetzt auf den Schreibtisch geflattert ist. Aufgenommen wurden die sieben Songs im Jahr 2014 auf der Geburtstagsparty für Johnny Winter im B.B. King's Blues Club auf dem Times Square in New York City, der dort seinen Siebzigsten feierte. So verwundert es auch nicht, dass dieser Silberling dem inzwischen verstorbenen Blues-Albino gewidmet ist, der zu den großen Vorbildern von Lance Lopez gehört und ihn sehr stark beeinflusst hat.
In der laut Waschzettel ausverkauften Show lag der Focus der Band eindeutig auf dem damals aktuellen Longplayer "Handmade Music". Allein fünf der sieben Titel dieses Livemitschnitts stammen von diesem Album. Dazu gesellte sich noch der Song "El Paso Sugar" von Higher Ground sowie "Tell The Truth", das wohl bei keinem Auftritt von Lance Lopez fehlen darf. Die Songauswahl war also schon mal vom Allerfeinsten.
Und die Ausführung? Totale Soundorgie oder doch etwas gebremster Schaum? Klar gibt Herr Lopez uns wieder das volle Brett, allerdings verzichtet er weitgehend darauf, in seinen Soloparts jeden Ton gnadenlos zu zerfleischen und konzentriert sich auf das Wesentliche. So gehört für mich schon der Boogie "Come Back Home" als Opener zu den stärksten Stücken des Mitschnitts. So kann man ein Publikum vom ersten Ton an voll in Stimmung bringen und antörnen. Der perfekte Einstieg!
Ohne Unterbrechung geht es sofort in den Hard-Rocker "Hard Time" über. Den Zuhörern wird keine Zeit zum Luftholen gelassen. Die Gitarre knallt volles Rohr aus den Boxen. Wieder keinerlei Unterbrechung oder Ansage, bevor "Get Out And Walk" beginnt und die Extremitäten in Schwingungen versetzt. Noch so ein Highlight gleich am Anfang.
Mit dem Robert Johnson-Song "Traveling Riverside Blues", der einzigen Coverversion auf der CD, lässt Lance Lopez dann gleich bei zwei Soloi die Saiten glühen und zeigt, was für ein hervorragender Gitarrist er doch ist. Siebeneinhalb Minuten voller Power!
Doch die drei besten Songs kommen erst noch. Der elfeinhalbminütige Slow Blues "Lowdown Ways" ist das absolute Highlight des Albums. Sowohl der Sechssaiter als auch die raue Stimme haben ein überragendes Bluesfeeling. Außerdem liefern Chris Reddan und Mike Nunno eine perfekte Grundlage für dieses Epos. Inselplatte!
Um wieder etwas runter zu kommen bietet sich "Tell The Truth" praktisch an. Das Trio rockt straight nach vorne und fegt jedes Staubkorn von der PA. Ein Midtempo-Song der Extraklasse. Beendet wird das Album dann von "El Paso Sugar", ein perfektes Outro dieses Mitschnitts. Leiser Beginn nur von der Gitarre, bevor dann die ganze Band mit einem tonnenschweren Riff einsetzt. Es wird fast schon doomig. Auch hier setzt Lance Lopez gleich zweimal zum Solo an und räumt nochmal so richtig ab.
Bei "Live In NYC" finde ich es fast schade, dass nach gut 47 Minuten schon Schluss ist. Diese Livescheibe macht so richtig Spaß!
Line-up:
Lance Lopez (guitar, vocals)
Chris Reddan (drums)
Mike Nunno (bass)
Tracklist
01:Come Back Home
02:Hard Time
03:Get Out And Walk
04:Traveling Riverside Blues
05:Lowdown Ways
06:Tell The Truth
07:El Paso Sugar
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