Jürgen (Bluesgarage): Ganz selten habe ich so lange hin und her überlegt, ob ich zu einem Konzert fahren sollte, wie im Fall von Gerry McAvoy's Band Of Friends. Eigentlich ist das bisher nur ein einziges Mal passiert und zwar bei einem Gig von Taste im Jahr 2006. Also war in beiden Fällen Rory Gallagher der Grund für mein Zögern. Der Zwiespalt, die Musik des legendären und von mir hoch verehrten irischen Gitarristen mit einem anderen Mann an Klampfe und Mikro zu erleben, war doch jedes Mal recht heftig. Doch wie vor sieben Jahren siegte auch diesmal die Aussicht, seine unvergessenen Songs noch einmal live zu hören, was natürlich hauptsächlich daran lag, dass mit Gerry McAvoy und Ted McKenna zwei langjährige Weggefährten der Blues Rock-Legende die Rhythmussektion bildeten.
So ist die Band Of Friends sicherlich wesentlich mehr als eine reine Coverband. Die undankbare Aufgabe, den seligen Rory zu ersetzen, fiel dem in Amsterdam geborenen Marcel Scherpenzeel zu, der schon seit dem zarten Alter von zwölf Jahren Gitarre spielt und mit der Musik von Rory Gallagher groß wurde. »Keiner kommt so nah an Rorys Gitarrenspiel heran« sagt McAvoy, und der muss es ja wissen, denn schließlich war er von 1971 bis 1991 ganz eng an der irischen Gitarrenlegende dran. Und auch Ted McKenna kann das sicher beurteilen, denn er war von 1978 bis 1981 Mitglied in Rorys Band. Man durfte also gespannt sein, wie sich der Niederländer auf der Bühne präsentieren und die Gallagher-Songs rüberbringen würde.
Und was sich dann in der gut gefüllten Bluesgarage (ich schätze mal es waren ca. 250 Leute da) abspielte, war echt vom Feinsten. Das Trio harmonierte perfekt. Wie immer unterstützte McAvoy sein Bassspiel mit einer ausgeprägten Mimik und Gestik und jagte einen kraftvollen Lauf nach dem anderen aus den Boxen. Ständig war er auf der Bühne unterwegs, wobei er für meine Begriffe etwas zu aufdringlich versuchte, das Publikum zu animieren. Das war eigentlich gar nicht nötig, denn die Stimmung war ohnehin schon sehr gut. Musikalisch war er über jeden Zweifel erhaben, was er auch in gleich zwei Solo-Einlagen deutlich machte. Immer wieder ging es an den äußersten Bühnenrand, sodass ich ganz schön gefährlich lebte, wenn ein ums andere Mal Gitarre und Bass direkt über meinem Kopf geschleudert wurden. Klasse, diesen Musikern aus dreißig Zentimetern Entfernung auf die Finger zu sehen.
Von der Setlist her gab es einen bunten Mix aus allen Epochen von Rorys Karriere. Dabei waren für mich "Moonchild" und "Calling Card" vom gleichnamigen Album schon mal Highlights, doch auch "Laundromat" vom Debüt aus dem Jahr 1971 konnte voll punkten, genau wie die bluesigen Songs. Auch "Tatto'd Lady" kam saustark rüber. Doch die absoluten Höhepunkte waren die herrlich in die Länge gezogenen "Shadow Play", "A Million Miles Away" und der fünfzehnminütige "Bullfrog Blues", der auch ein hörenswertes Schlagzeugsolo von McKenna enthielt. Die Band legte eine ungeheure Spielfreude an den Tag und vor dem Gitarrenspiel von Marcel Scherpenzeel kann ich nur den Hut ziehen. Er hat das Feeling Rorys voll verinnerlicht und konnte die Songs perfekt interpretieren.
An diesem Abend wurde mir wieder mal ganz deutlich vor Augen geführt, was für eine geniale Musik Rory Gallagher geschrieben hat. Das ist absolut zeitloser Rock und Blues, der uns alle überleben wird. Und solange es solche Leute wie Marcel Scherpenzeel gibt, die seine Musik so verinnerlicht haben und so perfekt rüberbringen, wird dieser große Gitarrist auch bei der jungen Generation, die nie die Gelegenheit hatte, ihn live zu erleben, einen festen Stellenwert haben. Ich bin jetzt sehr gespannt, wie meine geschätzten Kollegen Sabine und Markus den Gig im Ducsaal empfunden haben und bewerten. Aber ich bin überzeugt, dass auch ihnen das Konzert von Gerry McAvoy's Band Of Friends genau so viel Spaß gemacht haben wird wie mir. Also Ihr Zwei. Sagt es mir!
Sabine und Markus (Ducsaal): Oh ja, lieber Jürgen, auch uns beiden hat das Konzert der drei Jungs im altehrwürdigen Ducsaal in Freudenburg einen riesigen Spaß gemacht. Und es gab offenbar so einige Parallelen zu dem Konzert davor in der Bluesgarage. Angefangen schon damit, dass die Hütte an diesem Abend mal wieder so richtig schön voll war. Wenn wir es also nicht sowieso bereits gewusst hätten, hier gab es eine weitere Bestätigung dafür, dass der irische Meistergitarrist und Sänger Rory Gallagher auch über 15 Jahre nach seinem Tod in den Herzen der Fans noch sehr lebendig ist.
Markus: Auch wir hatten zunächst hin- und herüberlegt, was dann aber letztlich den Ausschlag gab, war, dass neben McAvoy auch Ted McKenna mit am Start war, dessen Schlagzeugkünste ich nicht nur bei seiner Zeit mit Rory, sondern auch während der Jahre mit der Sensational Alex Harvey Band (1972 – 1978) und der Michael Schenker Group (1982 – 1984 & 2008) überaus zu schätzen gelernt hatte. Und auf die Qualitäten von Marcel Scherpenzeel brauche ich hier nicht mehr weiter einzugehen, da Jürgen sich über diese ja bereits ausgiebig ausgelassen hat.
Wie erwartet startete das Trio mit "Last Of The Independence" sehr stürmisch in das erste Set und hatte das Publikum dann auch umgehend auf seiner Seite. Mit "Continental Op" folgte die einzige Nummer des sehr starken Albums "Defender" (1987), bevor dann meiner persönlichen Lieblingsscheibe "Calling Card" mit "Do You Read Me" und "Moonchild" zwei Besuche abgestattet wurden. Gerry McAvoy hatte zwischen den Songs auch immer wieder Anekdoten aus seinen Jahren mit dem seligen Iren parat und sorgte damit für so einige Lacher.
Außer von "Deuce" (1971) und "Fresh Evidence" (1990) wurde mindestens ein Song von jedem Studioalbum (selbst wenn es im Fall "Jinx" 'lediglich' das Outtake "Hellcat" war) berücksichtigt, was alleine schon für viel Abwechslung sorgte. Natürlich wurden neben absoluten Krachern wie z. B. "Shin Kicker", "Shadow Play" oder "Cruise On Out" auch immer wieder ruhigere Stücke ("Bought And Sold"), der Blues ("Off The Handle") oder mit meinem persönlichen Gewinner des Abends "Bad Penny" ein Höllengroover eingebaut. Nach zwei superstarken Zugaben ("Bullfrog Blues" und "A Million Miles Away") war dann nach dem abschließenden (und nicht weniger geilen) "Laundromat" auch im Ducsaal die Messe endgültig gelesen.
Ob die Setlist gegenüber dem Gig in Isernhagen variierte, kann ich abschließend nicht sagen, aber von bisher in beiden Berichten noch nicht erwähnten Songs standen im Ducsaal zumindest noch "Secret Agent" und "Souped-Up Ford" auf der Setlist. Selbstverständlich kann man einen Musiker (und Menschen) wie Rory Gallagher nicht ersetzen, aber dennoch fand an diesem Abend in Freudenburg eines jener Konzerte statt, von denen man sich wünscht, sie würden nie zu Ende gehen. Falls ihr also die Chance bekommen solltet, dann schaut euch diese drei Jungs auf jeden Fall an. Es lohnt sich garantiert!
RockTimes bedankt sich beim Bluesgaragen- und Ducsaal-Team für die erneut sehr freundliche und angenehme Zusammenarbeit!
Line-up:
Marcel Scherpenzeel (guitar, vocals)
Gerry McAvoy (bass)
Ted McKenna (drums)
Bilder vom Konzert
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