Rückblende:
Der Saal ist fast völlig abgedunkelt. Durch die rauchgeschwängerte Luft ziehen nur einzelne Lichtstrahlen von diversen Projektoren ihre Bahn. Immer breiter werdend, vereinen sie sich zu einem imposanten, fast magischen Gesamtbild auf der Bühne.
Davor, nur schattenhaft zu erkennen, vier Musiker, die voll konzentriert einen wahrhaft faszinierenden Psychedelic-Sound aus der PA jagen. Die Lautstärke bohrt sich unbarmherzig in die Gehörgänge der anwesenden Zuhörer, die mit offenem Mund und geweiteten Pupillen wie in Trance diese Klänge und visuellen Erlebnisse verfolgen.
Zu den Musikfanatikern, die die überwältigende Show miterleben, gehört (fast) die gesamte Stadtjugend aus Langelsheim und den Nachbargemeinden, die seit mehreren Jahren im Beat Club solche musikalischen Highlights geboten bekommen. Trotzdem sind gerade die Auftritte dieser Band etwas ganz Besonderes. Diese beeindruckende Atmosphäre macht süchtig und zieht jeden einzelnen Musikjünger magisch an.
Die Gruppe auf der Bühne besteht aus Roye Albrighton (guitar, vocals), Allen Freeman (keyboards, vocals), Derek Moore (bass, vocals) und Ron Howden (drums). Außerdem gehörte mit Mick Brokett ein Lightshow-Spezialist zum Band Line-up. Die Band nennt sich Nektar und die gespielten Songs hören auf beeindruckende Namen wie "Astronaut's Nightmare", "Pupil Of An Eye" und "The Dream Nebula". Außerdem stehen Werke wie "A Tab On The Ocean" und das aktuelle "Remember The Future" auf dem Programm, das zu einem der bekanntesten Titel der Band werden sollte.
Wir schreiben das Jahr 1973. Einer der völlig entrückten Fans ist ein 17-jähriger junger Mann, der sehr viel später Mitglied der RockTimes-Redaktion werden sollte und diese Eindrücke nie vergessen wird.
Vierunddreißig Jahre später:
Deutschland hat sie wieder! Wie auch auf der offiziellen Nektar-Website zu lesen ist ( »Nektar ist zurück zuhause in Deutschland«) hat sich die Band während ihrer Zeit, als sie bei uns ihre Zelte aufgebaut hatten, immer sehr wohl gefühlt. Das war ja auch kein Wunder, denn schließlich waren sie speziell in Germany besonders erfolgreich. Teilweise wurden sie sogar der damaligen Krautrock-Szene zugeordnet. Und jetzt, im Jahr 2007, haben sich die beiden Gründungsmitglieder Roye Albrighton und Ron Howden auch noch mit zwei deutschen Musikern verstärkt. Wenn das kein Zeichen für besondere Verbundenheit ist, dann weiß ich es auch nicht.
Bis zu dem heutigen Konzert war in der Bandhistory einiges passiert. Die Auswanderung nach Amerika, die dort eingespielten Alben, die allesamt qualitativ immer schwächer wurden, der dadurch herbeigeführte Split der Band in den frühen 80er Jahren. Das alles waren wirklich keine Kleinigkeiten in ihrer Geschichte. Als dann im Jahr 2000 eine Reunion immer wahrscheinlicher und schließlich mit dem Album The Prodigal Son bestätigt wurde, glich das fast einer Sensation. Vor allem, weil teilweise, wenn auch nur kurzfristig, die Originalbesetzung wieder zusammen auf der Bühne stand. So wurde die Reunion-Tour als Doppel-CD "Greatest Hits Live" auf den Markt geworfen. Außerdem trat die Band für den WDR-Rockpalast in der Bonner Harmonie auf. Klar, dass dieses Konzert die erste DVD-Produktion von Nektar wurde.
Und nun also wieder on the road in Germany. Nach dem kommenden Album "Book Of Days"-Tour benannt, wollen sich Nektar den vielen Fans wieder einmal präsentieren und zeigen, dass sie absolut nichts verlernt haben und ihre Musik auch nach über drei Jahrzehnten nichts von ihrer Faszination verloren hat.
Dieses Vorhaben ist ihnen auch ziemlich perfekt gelungen. Allein die Konzertdauer mit über 150 Minuten war schon mal vom Allerfeinsten. Fast wie in den Siebzigern, als Auftritte von Nektar schon mal leicht und locker weit über drei (!) Stunden andauern konnten.
Des Weiteren scheinen die einzelnen Bandmembers auch nach wie vor körperlich Top in Form zu sein. Schlank und drahtig bewegte sich Roye Albrighton über die Bühne, sodass man ihm seine 58 Jahre überhaupt nicht anmerkte. Ron Howden hat die 60 schon überschritten, verrichtet aber nach wie vor Schwerstarbeit am Schlagzeug, und das mit einer Härte und Präzision, wie man es von jeher von ihm gewohnt ist.
Auch die beiden neuen Mitglieder fügen sich vorzüglich ins Bandgefüge ein. Bassmann Peter Pichl konnte mich mit seinem variablen Stil durchaus überzeugen, und Klaus Henatsch an den Tasten machte ebenfalls einen starken Job, wenn man bedenkt, wie wichtig die Keyboards in der Musik von Nektar sind. Dieses Line-up passt sehr gut zueinander und wirkt schon jetzt ziemlich gut eingespielt.
Geradezu ideal für mich war auch die Songauswahl. Bis auf "Recycled" vom gleichnamigen Album und "Show Me The Way" von der CD "Down To Earth" gab es fast nur Songs aus den ersten vier Alben. Wenn man sich vorstellt, dass sich darunter die beiden Konzeptalben "A Tab In The Ocean" und "Remember The Future" befinden, dann weiß der Kenner gleich, was in diesem Gig abging. Klar, dass da "Desolation Valley" und "King Of Twilight" nicht fehlen durften. Und das alles natürlich in klasse ausgedehnten Versionen, wie wir es von der Band kennen und lieben.
Aber fast gleichwertig wurden die Alben "Sounds Like This", das ja auch einige wahre Nektar-Perlen enthält, sowie das Debüt "Journey To The Centre Of The Eye" behandelt. Es fehlte so gut wie Nichts von den überragenden Songs aus der Anfangsphase dieser Kultband.
Gut gewählt war auch der Zugabenteil, der aus den beiden Krachern "Good Day" und "Odyssee" bestand. Jetzt war das kleine, aber feine Publikum so richtig in Fahrt. Überhaupt kam es mir so vor, als ob viele echte Hardcore-Fans in der Halle waren, denn allein die Reaktionen auf die Songansagen zeugten von großem Sachverstand bei den Anwesenden.
So fällt mein Fazit dieses Konzertes durchaus positiv aus. Lautstärke, Sound, Songauswahl, Länge, Spielfreude, alles passte optimal. Sieht man mal von der Tatsache ab, dass die Zeiten der guten alten Lightshow inzwischen vorbei sind und somit ein wichtiges Markenzeichen von Nektar nicht mehr zum Einsatz kommt, war der Gig vollkommen okay. Na ja, dann tat es schließlich auch der künstliche Nebel, um uns in die nötige Stimmung zu versetzen. Ich glaube, alle Anwesenden sind da meiner Meinung. Und eine Band, die man schon immer sehr geschätzt hat, nach 34 Jahren wieder auf der Bühne zu sehen, ist schon etwas ganz Besonderes.
RockTimes bedankt sich ganz herzlich für die problemlose und unbürokratische Akkreditierung bei Achim Brandau von Living Concerts.
Line-up:
Roye Albrighton (guitar, vocals)
Ron Howden (drums)
Klaus Henatsch (keyboards, vocals)
Peter Pichl (bass, vocals)
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