Anders Osborne / Coming Down
Coming Down Spielzeit: 49:47
Medium: CD
Label: M.C. Records/Pepper Cake, 2007
Stil: Singer/Songwriter, Blues


Review vom 27.12.2007


Norbert Neugebauer
Goin' back to New Orleans - immer gern! Schon viel zu lange her, dass mal wieder eine schöne Scheibe aus der Crescent City bei mir eingetrudelt ist. Und schon bei den ersten Takten geht mir das Herz auf ...
Anders Osborne, noch so ein Weltenbummler, der irgendwann in der Stadt des Jazz&Blues gelandet und hängen geblieben ist. Geboren in Schweden, aufgewachsen auf der Insel Gotland, trampte er als Sechzehnjähriger um die halbe Welt und schließlich durch Nordamerika. 1985 landete er in Louisiana und New Orleans. Dort tauchte er schnell ein in die vielfältige Künstlerszene des French Quartier mit seinen afro-europäischen Einflüssen. Bereits sein seefahrender Großvater hatte ihm von der faszinierenden Hafenstadt am Mississippi erzählt und nun war er mittendrin.
Zusammen mit seiner damaligen Lebensgefährtin gründete er eine Band, mit der er regelmäßig am Wochenende im Quartier auftrat. Harte Tourarbeit folgte, bei der er sich einen guten Ruf erspielte. 1995 konnte er bei dem grade von Sony übernommenen Label Okeh Records sein erstes Album aufnehmen, dem inzwischen acht weitere folgten. Die beiden Auskopplungen aus dem Debüt "Favorite Son" und "Pleasin' You" kamen gleich unter die Top Five und wurden für diverse Hollywood-Streifen verwendet. Später bediente sich auch Jonny Lang daran.
Auf seine Songwriter-Qualitäten wurde schnell die Hit-Fabrik Nashville aufmerksam, seit 1994 ist er regelmäßig dort, um für andere Künstler zu schreiben und zu produzieren. Unter anderem verdankt ihm Tim McGraw seinen Nr. 1-Titel "Watch The Wind Blow By". Aber auch für die 'N'awlins'-Kollegen Keb'Mo', Tab Benoit, Dr. John oder Double Trouble verfasste er Songs, die in Grammy-Notierungen auftauchten. Zusammen mit Keb'Mo' fertigte er zwei Songs für dessen Grammy-Erfolg "Slow Down".
Die eigene Karriere blieb im Rahmen, obwohl seine Alben große Anerkennung fanden. So wurde das 1999er "Living Room" ebenfalls für einen Grammy vorgeschlagen. Nachdem er schwere persönliche Probleme überwunden hatte, bekam seine neue Band namhaften Zuwachs aus der NOLA-Szene. "Ash Wednesday Blues" war 2000 das Ergebnis. Nach fünfjähriger Studiopause legt er nun sein neuntes Album "Coming Down" vor, eine Liebeserklärung gleichermaßen an seine Frau, als auch an die geschundene Stadt New Orleans.
Anders Osborne hat eine einnehmende, melodiöse Storyteller-Stimme mit leicht heiserem, bluesigen Timbre, ist aber beileibe kein Schönsinger. Wer in dieser Hinsicht ein Problem mit Jackson Browne hat, ist hier genau richtig, wenn er ansonsten gut gemachte, gefühlvolle Songs seines Kalibers mag. Der Titeltrack ist die liebestrunkene Vorfreude auf die Rückkehr nach Hause, sparsam instrumentiert. Gordie Sampson begleitet den Gitarristen auf den meisten Tracks am Piano, Ethan Pilzer am Bass. Drums und Percussions steuert ebenso zurückhaltend Wally Ingram bei. "Spotlight" und das wunderbar atmosphärische "Summertime In New Orleans" sind vom gleichen Kaliber. Bei "Back On Dumaine" kommt erstmals Kirk Douglas mit seinem Susaphon dazu und verstärkt damit noch das 'N'awlins'-Feeling.
Das allgegenwärtige 'Katrina'-Thema verpackt Osborne als smoothen Second Line-Blues im Dr. John-Stil über eine verlorene Liebe, eine witzige Variante der Katastrophen-Bewältigung. Bedrohlich dagegen "When I'm Back On My Feet", eine bittere Blues Rock-Ballade über einen Ausgeflippten, diesmal Gitarre und Piano verstärkt. Mit dem puristischen "I've Got A Woman" kehrt Osborne zurück zum akustischen Arrangement, bleibt aber beim 'Loser'-Thema. Im Hintergrund ist ab und zu eine brummelige Stimme zu hören, ich wette, das ist Freund Kirk. Der ist auch auf "My Old Heart" wieder mit von der Partie und es bleibt entspannt folkbluesig, was auch für "Miss You When I'm Gone" gilt. Der Schlusstitel ist ein getragener Song, diesmal wird Osbornes Stimme nur vom Grand Piano (von den ebenfalls gelisteten Bass und Gitarre ist nichts zu hören) begleitet und erinnert dabei an Randy Newman oder Billy Joel.
"Coming Down" überzeugt nicht nur durch das erstklassige Songwriting und die sehr gelungene, geschmackvolle Interpretation, sondern auch durch die hervorragende Produktion sowie den audiophilen Klang.
Und ich weiß, wo ich nächstes Jahr wieder hingehe
Tracklist
01:Coming Down (4:51)
02:Spotlight (4:48)
03:Summertime In New Orleans (4:03)
04:Back On Dumaine (5:37))
05:Katrina (4:28)
06:Back Up On My Feet (7:49)
07:I've Got A Woman (3:48)
08:My Old Heart (6:26)
09:Miss You When I'm Gone (3:30)
10:The Lucky One (4:21)
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