RPWL / The Gentle Art Of Music
The Gentle Art Of Music Spielzeit: 74:49 (CD 1), 58:21 (CD 2)
Medium: DoCD
Label: The Gentle Art Of Music, 2010
Stil: Prog Rock

Review vom 17.06.2010


Steve Braun
Wenige Bands sind in RockTimes öfter besprochen worden als die Freisinger Prog-Rocker RPWL. Zur Historie und zum Entwicklungsbogen der vier Oberbayern ist somit alles gesagt und über die Qualität RPWLs noch mehr Worte zu verlieren würde bedeuten, die berühmten Eulen ins Krisen geschüttelte Athen zu tragen.
Zehn Jahre ist es jetzt her, seit sich RPWL aus einer Pink Floyd-Coverband entwickelte. Zeit also, einerseits Bilanz zu ziehen und andererseits den treuen Fans ein Dankeschön zu präsentieren. Rein optisch ist der Eindruck der dem Autor vorliegenden 'Geburtstags-Scheibe', "The Gentle Art Of Music", als äußerst edel zu bezeichnen. In ungewöhnlicher Buchform präsentiert sich diese Doppelscheibe und auch den Preis kann man angesichts der beiden prall gefüllten Datenträger als durchaus fanfreundlich bezeichnen. So kommt schon einmal Vorfreude auf das nächste 'runde' Jubiläum auf.
Neue Wege gehen RPWL auch in der Vermarktung. Dem rauer blasenden Wind in der Musikindustrie soll damit begegnet werden, indem man Produktion, Marketing und Promotion in eigene Hände legt. Aus diesem Grund hat man im Januar 2010 ein bandeigenes Label, Gentle Art Of Music, gegründet und hofft damit, die finanzielle Basis für eine erfolgreiche Zukunft gelegt zu haben.
Dass man ein Bandjubiläum nicht zwingend retrospektiv behandeln muss, beweist "The Gentle Art Of Music" nachdrücklich. Dieses Album ist zugleich Rückblick wie Vorschau. CD 1, "Compilation" benannt und knallvoll gepackt, bringt dem Hörer mit zwölf Songs die Historie RPWLs näher. Auf CD 2, "Revisted", werden dagegen elf weitere Bandklassiker in völlig neuem Gewand präsentiert und gezeigt, wie diese aktuell klingen können.
"The Gentle Art Of Music" - dieser Titel ist irgendwie Programm und steht für diese Jubiläums-Scheibe insgesamt. RPWLs Alben kann seit jeher eine 'Wohlfühlgarantie' zugeschrieben werden: anspruchsvolle, warme Songs ohne jegliches pseudo-intellektuelles 'Gefrickel'. Einer Ballonfahrt gleich schwebt der Hörer über harmonischen Prog-Landschaften. Musikalische Attacken, wie seinerzeit im ätzend-ironischen "This Is Not A Prog Song" (The RPWL Experience), sind eher selten. Mit jenem Album gelang - nebenbei bemerkt - der 'Freischwimmer' aus dem Pink Floyd'schen Fahrwasser. Allerdings werden diese Prog-Veteranen stets spiritus rector von RPWL bleiben.
Yogi Langs Gesangsparts und Kalle Wallners Gitarrenlinien sind bekanntlich stark von
David Gilmour beeinflusst. Yogis Keyboard-Einlagen lassen zudem Erinnerungen an den verstorbenen Rick Wright erwachen. Warum soll man also unbedingt zwanghaft seine Wurzeln verleugnen statt auf ihnen stetig aufzubauen?
CD 1 - die "Compilation" - bietet bekanntes Material und sollte daher vor allem für Neueinsteiger interessant sein. Die zwölf Songs stellen eine Zeitreise durch die sechs Studioalben RPWLs dar. Hier sind vor allem "The Gentle Art Of Swimming", "3 Lights" und "Silenced" zu empfehlen, aber so richtig spannend wird es - zumindest für den RPWL-Kenner - erst mit CD 2, "Revisted".
Wie eingangs erwähnt, werden elf Klassiker völlig neu überarbeitet vorgestellt. "Sleep" bekommt durch Manasvee Mezz' indische Instrumente einen Hauch von Weltmusik verpasst. Der britische Tausendsassa Tom Norris, für das London Philharmonic Orchestra als Violine- und Violaspieler ebenso aktiv wie als Studiomusiker für eine Vielzahl von progressiven Musikern, gibt nicht weniger als fünf Takes mit seinen Instrumenten und den String-Arrangements einen orchestralen Touch. Hier ist vor allem das atemberaubende Start The Fire hervorzuheben. Weiblicher Gesang auf vielen dieser alternativen Versionen sorgt zudem dafür, diese Nummern in neue Dimensionen zu heben, wie auf "Farewell" besonders schön zu hören ist. Manu Delagos Hang bringt völlig exotische Klänge in "World Trough My Eyes". Lässige Bar Jazz-Atmosphäre - sehr schön: Ferdinand Setteles Sax-Solo - wird in "Moonflower" transportiert. Als schlichtweg sensationell ist "Breathe In, Breathe Out" zu werten - um im Bild zu bleiben: Da kann man das Atmen durchaus für vier Minuten vergessen...
In dieser hier vorliegenden Form machen Compilations nicht nur Sinn sondern auch verdammt viel Spaß! RPWL ist mit "The Gentle Art Of Music" ein 'Geburtstags-Album' gelungen, das Die-Hard-Fans, Neueinsteiger wie Sammler gleichermaßen befriedigt. Eine unbedingte Kaufempfehlung darf also bedenkenlos ausgesprochen werden.
Line-up:
Yogi Lang (vocals, keyboards)
Kalle Wallner (guitars)
Chris Postl (bass)
Phil Paul Rissettio (drums)
Manfred Müller (drums)
Andreas Wernthaler (keyboards)
Stephan Ebner (bass)

Gäste:
Tom Norris (violin, viola)
Manasvee Mezz (indian instruments)
Mehmet Bayrakcoglu (saz)
Manu Delago (hang)
Ferdinand Settele (saxophone)
Jost Hecker (cello)
Conny Kreitmeier, Julia Schröter, Bine Heller (vocals)
Tracklist
CD 1 (Compilation):
01:Hole In The Sky (7:31)
02:Crazy Lane (4:43)
03:I Don't Know (4:04)
04:Home Again (8:55)
05:The Gentle Art Of Swimming (10:19)
06:Sun In The Sky (4:23)
07:Roses (6:36)
08:Wasted Land (4:52)
09:3 Lights (8:20)
10:Silenced (9:56)
12:Choose What You Want To Look At (5:05)
CD 2 (Revisted):
01:Sleep (6:54)
02:Trying To Kiss The Sun (6:15)
03:Moonflower (3:57)
04:Watching The World (4:03)
05:Start The Fire (4:21)
06:Farewell (5:07)
07:World Through My Eyes (8:15)
08:Cake (4:16)
09:Fool (4:55)
10:Breathe In, Breathe Out (3:41)
11:Bound To Reach The End (6:29)
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