J. Shogren & Shanghai'd / God Bless These Crooked Little Songs
God Bless These Crooked Little Songs Spielzeit: 49:55
Medium: CD
Label: Jaha! Records, 2013
Stil: Americana, Roots

Review vom 08.01.2013


Markus Kerren
J. Shogren hat sich verstärkt und tritt für sein mittlerweile viertes Studioalbum mit einer festen Band an. Shanghai'd nennt sich die zehnköpfige Truppe, die so ganz nebenbei erheblich zum Gelingen des neuen Werkes "God Bless These Crooked Little Songs" beigetragen hat. Shogren hatte sich im Vorfeld vorgenommen, ein akustisches Werk abzuliefern, mit dem er die Leute zum Tanzen bringen kann.
Was ihm (je nachdem, in welchem Land und auf welcher Veranstaltung man gerade ist) auch durchaus gelungen ist, denn viele der insgesamt 13 Tracks verfügen über einen tollen Swing, der sich daraus ableitend natürlich durch den kompletten Silberling zieht. Und nach ein paar Durchläufen der neuen Scheibe wundert es mich auch nicht mehr, dass der aus dem US-Bundesstaat Wyoming stammende Professor bereits RockTimes-Co-'Chef' Ulli sowie unseren Joe hier und auch hier begeistert hat.
Wer sein Metier so gut beherrscht wie unser Protagonist, der überrascht den Hörer auch nicht mehr durch die Tatsache, dass die langsameren, nachdenklichen wie melancholischen Stücke (z. B. "Curry" oder "Place To Breathe") auf den Punkt genau ins Schwarze treffen. Speziell bei diesen wirkt Shogren sehr verletzlich, oder anders gesagt: Nach wie vor ergriffen von den Erinnerungen, über die er in solchen Tracks berichtet. Und es wirkt alles wunderbar authentisch, man kauft dem Amerikaner seine Geschichten ab. Und das nicht nur, weil er in der Einleitung zu "Rolls Her Own" sprechend zu verstehen gibt: »...I have done this... I have physically done this!«
Aber zurück zum Swing: Der ist direkt beim Opener "Holding Tank" schon unverkennbar vertreten, während die mit feiner Slide - und immer wieder mit Stops - versehene Nummer flotten Schrittes richtig gute Laune verbreitet. Ein breites Lächeln zaubert der Hillbilly-Track "A Long Line" mit seinem treibenden Schlagzeug und dem sehr dominanten Banjo auf die Lippen. Stilecht berichtet Shogren darin mit verschmitztem Western-Lächeln von einer »...long line of drunks and fools...« Klar kann man hier von einer Scheunenparty in einem jenseits von 'Gut und Böse' entlegenen Bauernnest ausgehen, aber nicht nur den Schelmen unter uns dürfte da auch ein kleiner Seitenhieb auf Politiker und/oder Regierungen entgehen.
Eine herrlich (psychologisch) verquere Geschichte wird bei "The Treetopper's Wife" erzählt, indem der Erzähler hofft, dass wenigstens seine Partnerin ihn in dem Ausmaß liebt, wie er sie eigentlich immer lieben wollte, diese Messlatte/Barriere aber (die Gründe bleiben im Dunklen) nie überqueren konnte. »...love, the hard way...«, wie es in einer Zeile heißt.
Eine dieser Geschichten also, eine dieser unendlich vielen Beziehungen (wahlweise Ehen), bei denen ein Paar nur aufgrund der Angst des Einzelnen zusammenbleibt, alleine sein zu müssen. So traurig, wie wahr. Überhaupt hat Shogren viele solcher Geschichten am Start, in denen es um Ängste und Aktionen geht, die niemals zur Erfüllung (dem Glück) des Individuums, sondern vielmehr um die Vermeidung des größtmöglichen Schadens ("Stumble" ist da ein weiteres Beispiel) geht. Im Prinzip also mit vollen Händen aus dem wirklichen Leben gegriffen.
Mein Fazit? Okay, zwar nicht die beste Americana/Roots-Platte, die ich in den letzten sechs Monaten vor die Lauscher bekam, dennoch lohnt es sich ganz sicher, J. Shogren & Shanghai'd mal anzuchecken. Denn die durchaus guten Songs, gepaart mit ihrem erdigen und echten Sound und dazu die zupackenden, direkt aus dem Alltag und der Seele gegriffenen Texte sind ganz sicher alles andere als trivial. Reinhören empfiehlt sich, da - je nach dem persönlichen Gusto des Interessierten - von gut bis extrem gut sämtliche Bewertungen innerhalb der selbst gesteckten Grauzone möglich sind.
Fakt ist, dass wer Americana- und Roots-Musik mag, hier definitiv nichts fürchterlich falsch machen kann!
Line-up:
J. Shogren (guitars, mandolin, lap steel, 1-string miner's banjo, vocals)
Aaron D.C. Edge (dark vocals, darker guitars)
Ansel Foxely (resonator, background voals)
Mandy Bohlender (vocals, background vocals)
Jascha Herdt (drums, percussion, guitars, background vocals)
Shaun Kelley (bass, cello, background vocals)
Mark Lyford (euphonium)
Bill McKay (mandolin, accordion, fretless banjo)
David Romtvedt (accordion, muted trumpet)
Kelli Trujillo (vocals, background vocals)
Mark Zieres (bass)
Tracklist
01:Holding Tank
02:Boney Lemon Davis
03:A Long Line
04:Broken Every Vow
05:Curry
06:Place To Breathe
07:Rolls Her Own
08:Thief River Falls River Thief
09:Pickled Pickles Panger Polka
10:The Treetopper's Wife
11:Stumble
12:Exit In Flames
13:Untitled
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