Ten Years After gaben ihr Gastspiel im Ruhrpott und hinterließen eine Visiten-Karte aller erster Güte.
 Die Diskussion um Ten Years After und dem Gitarristen Joe Gooch ist nun vorbei.
Der Mann spielt und singt schließlich seit nunmehr fast sechs Jahren in der Woodstock-Legende und hat sich einen ganz persönlichen Platz erarbeitet und die erfolgreiche Nach- Lee-Ära spricht Bände.
Roadie Tom pendelte Minuten vor dem Konzert oft genug zwischen dem Leo Lyons-Bass und der Joe Gooch-Gitarre hin und her, um die Arbeitsgeräte zu stimmen. Do it again, Tom, dachte ich...
Irgendwann, kurz nach acht Uhr erlosch dann doch das Saal-Licht und die Vier erklommen, von einem überschwänglichen Beifall begleitet die Bühne der Essener Zeche Carl. Es war recht frisch im Raum.
 Wirklich gut waren schon die Song-Einsteiger des Gigs. Man griff gleich ganz tief in die reichlich gefüllte Kiste der unendlich langen Liste von TYA-Nummern.
Mit dem richtungsweisenden Titel "Working On The Road" kam man richtig spritzig aus den Startlöchern. Der Sound war sehr differenziert und es war lecker laut. Ja, Gooch machte am Mikrofon eine erstklassige Figur... seine Stimme als weiterer Sympathie-Träger in einem ausgewogenen Konzert der Instrumente.
Der junge Gitarrist spielte sein erstes Solo mit einer ganz frechen Lockerheit und zeigte schon zu Beginn, dass er auch nach zurückgelegten Bühnen-Kilometern bezahlt werden konnte.
Er war erfreulich gut und viel unterwegs. Zu beobachten, mit welcher Leichtigkeit seine Finger über die Saiten flogen, war beeindruckend. Der lautstarke Beifall leitete über einen ersten Boogie: "King Of The Blues" vom Album Now. Wow, das brachte Stimmung in die Bude und Chick Churchill spielte ein herrliches Honky-Piano.
 Die Finger auf Betriebstemperatur gebracht, folgte sein Solo-Part im folgenden "Hear Me Calling". Das waren die Elemente, welche das Publikum erwartete. Ein Churchill in seiner unnachahmlichen Art traktierte die Tasten zur Freude der zahlreich erschienenen Besucher nach Belieben und ließ den Leslie heulen. Der erste Szenen-Applaus gehörte ihm...
Welch eine Eröffnung!
Leo Lyons kündigte einen Song der aktuellen CD Evolution an. Man zog die Zügel an und "Angry Words" war die erste Slow-Nummer des noch jungen Abends. Die Schalter neu eingestellt und Churchill hatte einen satten E-Piano-Sound drauf. Gooch, immer wieder Gooch. Der lebte sein Gitarren-Spiel auch mimisch aus.
Der Beifall für den Song-Neuling hielt sich jedoch in Grenzen.
 Abermals war erster Klasse-Boogie angesagt.
Dafür hatte man sich das großformatige "Big Black 45" von Roadworks auserwählt. Im besonders groovenden Part hatte abermals Gooch seinen Solo-Auftritt. Äußerst hörenswert war seine Einlage, in der er zeigte, wie gut er mit seinem Instrument gefühlvolle Aussagen treffen konnte. Hier waren es auch die kurzen Pausen, in denen man einen Ton erwartete, der dann doch nicht gespielt wurde, die Freude bereiteten.
Als Lyons dann auch noch "50,000 Miles Beneath My Brain" vom "Cricklewood Green"-Album ankündigte, war die Spannung förmlich spürbar… Wie würde dieser Knaller aus vergangenen Tagen rüber kommen?
Uijujui, das war Gänsehaut pur. Fantastisch war die Vorstellung und es konnte nach diesem Zeitpunkt geschehen, was wollte… Ten Years After standen mit allen acht Beinen im Hier und Jetzt und lieferten eine Vollbedienung ab.
 Während der nächsten Ansage, Lyons hatte den Titel noch nicht über seine Lippen gebracht, stand Churchill schon von seinem Hocker auf… "The Hobbit"? Ja, Leo kündigte tatsächlich den Song an und allen in der Zeche Carl anwesenden Zuschauern war klar: Das ist natürlich Ric Lees Ding. Sein Drum-Set wurde besonders beleuchtet und einen Teil des Solos trommelte er mit fluoreszierenden Sticks. Eine gute Show-Einlage, aber wirklich zum Zunge schnalzen war der im Stehen gespielte Part an den Becken. "The Hobbit" verschwand nach den letzten von dem Quartett gespielten Takten in seiner Behausung, Ric Lee kam hinter seinem Schlagzeug hervor und ging zum Gooch-Mikrofon, um einige Statements loszuwerden und die Band vorzustellen.
 Einer weiteren Leo Lyons-Ansage bedurfte es für den nächsten Song nicht.
Wäre auch ein Ding, denn "Love Like A Man" hat den gleichen Erkennungs-Stellenwert wie Deep Purples "Smoke On The Water". In einem späteren Track gab es eine kleine Zitaten-Sammlung und Gooch spielte beide Intros hintereinander. Das hat auch Aussagekraft. Der Gitarrist und Churchill boten einen tollen parallel gespielten Part und es war klar, dass dieser Ten Years After-Hit abgefeiert wurde… großes Kino.
Ein Track wollte (noch) nicht so sehr ins Konzert-Korsett passen: "Slip Slide Away", ein weiterer Song von "Evolution" wirkte wie ein Fremdkörper und bekam auch nur wohlwollenden Beifall.
Ganz anders war es dann bei "Good Morning Little Schoolgirl". Auch darauf hatten 99,9 % der Anwesenden gewartet. Einige mussten etwas Geduld haben, denn Zwischenrufe für die Nummer gab es vorher schon einige Male.
Zuweilen positioniert Gooch sich in der Manier eines Hard Rock-Gitarristen, die Band wurde nun auf Publikum-Händen getragen und es war Party angesagt. Wie vorher schon, kam richtig Bewegung in die Menge.
 Bei seinen Beiträgen spielte Gooch keine Inhalte, sondern es ging ihm stets um deren Ausdruck und dem galt der Szenen-Applaus.
Das überlange "I Can't Keep From Crying Sometimes", hier gab es die weiter oben bereits erwähnte Zitaten-Sammlung, unter anderem auch mit einem "Hound Dog", war ein genialer Aufgalopp für den nächsten Höhepunkt.
"I'm Going Home"... das Juwel im Schatz-Kästchen der Band.
Gooch brachte die Röhren seines Amps zum Glühen. Eine perfekte Klassiker-Vorstellung...
Alle Musiker bedankten sich und verließen die Bühne.
Schluss.
Zugabe.
Rock'n'Roll à la Ten Years After: "Reasons Why" sowie als finaler Song "Choo Choo Mama", in dem Churchill abermals ordentlich in die Tasten griff.
Ten Years After legten einen tollen Gig hin und sind immer noch eine Bank für ein hochklassiges Konzert.
Wir danken Birgit Bräckle von Brooke-Lynn Promotion für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Joe Gooch (guitar, vocals)
Leo Lyons (bass)
Chick Churchill (keyboards)
Ric Lee (drums)
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