Für etliche Bluesrock-Anhänger meiner Generation (Ü-50) war das Kapitel Ten Years After mit dem Ausscheiden von Alvin Lee im Jahr 1975, spätestens aber - nach mehreren, letztendlich vergeblichen Reunion-Versuchen - Anfang der 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts vorbei. Zu sehr prägte der Lead-Gitarrist und -Sänger, insbesondere mit seinem virtuosen Gitarrenspiel, das Bild dieser Band. Die restlichen 75% von TYA machten jedoch auch ohne ihn weiter und fanden im Jahr 2003 in Joe Gooch einen zwar wesentlich jüngeren, dennoch aber gitarrentechnisch ebenso flotten neuen Frontmann. Gemeinsam ging man auf Tour, brachte im Jahr 2004 mit Now sowie im Jahr 2008 mit Evolution zwei Studioplatten mit neuem Material sowie mit "One Night Jammed" (2003) und dem Doppeldecker Roadworks zwei Live-Alben auf den Markt, die überwiegend alte TYA-Songs beinhalteten.
Das Ende von TYA 2.0 war für mich ab dem Jahr 2010 absehbar, als der 'Neuzugang' Joe Gooch und der Bassist Leo Lyons das Sideprojekt Hundred Seventy Split auflegten, um auch außerhalb von TYA musikalisch aufzutreten. Selten hat die parallele Mitgliedschaft in mehreren Bands über längere Zeit funktioniert (so musste nicht zuletzt Warren Haynes erkennen, dass er neben seinem ursprünglichen 'Sideprojekt' Gov't Mule nicht dauerhaft bei der Allman Brothers Band würde spielen können und gab letztere auf). Anfang 2014 wurde für mich daher nicht überraschend das Ende von TYA 2.0 bekannt gegeben, wobei die Aussagen darüber, ob die einen die Band verließen oder von den anderen rausgeschmissen wurden auseinandergehen - je nachdem, wen man befragt. Sei's drum - das Ergebnis ist dasselbe.
Mit deutlichen Vorbehalten nahm ich die Information auf, dass TYA mit neuem Bassisten und Gitarristen bzw. Sänger weitermachen wollten, denn ob das erste diesbezügliche Experiment noch einmal gelingen würde (zumal TYA nur noch zu 50% aus der Originalbesetzung bestehen würden), schien durchaus fraglich. Umso überraschter war ich, als mit Colin Hodgkinson zwar ein altbekannter und sehr geschätzter Bassist verpflichtet wurde, mit Marcus Bonfanti aber wiederum ein wesentlich jüngerer (aktuell Anfang 30) Gitarrist und Sänger zukünftig dabei sein soll. Da mir letztgenannter völlig unbekannt war, habe ich sofort etwas nach ihm gestöbert und bin auf die tolle Veröffentlichung "Shake The Walls" aus dem Jahr 2013 gestoßen: Solides Gitarrenspiel und eine etwas dunklere Stimme ließen sofort mein Interesse hinsichtlich der Zukunft von TYA wieder aufleben.
Jetzt erschienen kurz hintereinander Live-Aufnahmen sowohl von TYA 3.0 als auch von HSS, und eigentlich wollte ich vor diesem Hintergrund ein vergleichendes Review schreiben, insbesondere nachdem HSS ihre zuvor geübte Zurückhaltung, TYA-Songs in ihr Repertoire aufzunehmen, zwischenzeitlich aufgegeben hat. Zu sehr reizte der Versuch, herauszufinden, wer die besseren TYA-Erben sind. Doch da The Road von RockTimes bereits besprochen worden ist, beschränke ich mich auf die Live-Dokumentation derjenigen Band, die immer noch zu 50% Original- TYA sind.
"The Name Remains The Same" ist vor diesem Hintergrund ein treffender Titel für das Album, das offenbar auf einem eigenen Label der neuen Formation erschienen ist. Es enthält insgesamt zwölf TYA-Klassiker - nicht weniger, aber auch nicht mehr! Sie werden solide dargeboten und in den reinen Instrumentalphasen merkt man kaum, welche Evolutionsstufe von TYA hier spielt, zumal der neue Gitarrist durchaus ähnlich improvisieren bzw. jammen kann, wie seine Vorgänger. Beispielhaft für diese Feststellung seien nur "One Of These Days " sowie "Love Like A Man" genannt. Letztgenannter Titel - auf der CD als 'Bonus Track' ausgewiesen, was angesichts einer Gesamtlaufzeit der Scheibe von knapp 74 Minuten nur als Marketing-Gag gewertet werden kann - wird offiziell sogar durch eine "Love Jam Two" unterbrochen (CD-technisch handelt es sich im Übrigen um einen einzigen Track; die im Track-Listing aufgeführten Einzelteile können nicht direkt angewählt werden). Auch dies kann man angesichts der Gesamtspielzeit des Bonustracks von lediglich 7:30 Minuten nur als Marketing-Gag bewerten, mit dem an Glanzzeiten der Band erinnert werden soll, wie sie beispielsweise auf der im Jahr 2013 veröffentlichten Doppel-CD Recorded Live (die Original-Doppel-LP stammt von 1973) mit mehreren ausgiebig dokumentierten Jam-Sessions festgehalten sind.
Ansonsten drückt Marcus Bonfanti mit seinem im Vergleich zu seinen Vorgängern raueren und dunkleren Gesang dem aktuellen TYA-Line-up durchaus einen neuen, eigenen Stempel auf. Dieser Gesang, der immer wieder stark an den holländischen Bluesrocker Julian Sas erinnert, verändert die Interpretation altbekannter Titel deutlich. Wie der Albumtitel ja sagt: (Nur) der Bandname ist derselbe geblieben.
Angesichts der Tatsache, dass TYA 3.0 noch zu 50% der Originalband entsprechen, scheue ich mich dennoch davor, vorliegend von dem Live-Konzert einer Coverband zu sprechen. Doch die Originalmitglieder geraten hier viel zu sehr zu einer reinen Begleitband für den neuen Sänger und Gitarristen (auch Colin Hodgkinson vermag es nicht, eigene Akzente zu setzen!), sodass ich versucht bin, von einer Marcus Bonfanti Band zu sprechen, die altes TYA-Material interpretiert; dies allerdings gut. Letztendlich muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er dies braucht oder aber mit den bisherigen Evolutionsstufen zufrieden ist.
Technisch sind die Aufnahmen in Ordnung. Sie stammen angabegemäß alle von einem Konzert am 8. November 2014 im schweizerischen Pratteln, was durch einzelne deutschsprachige Ansagen bestätigt wird. Umso mehr verwundert es allerdings, dass die einzelnen Songs nicht - mit entsprechenden Überleitungen - ineinander übergehen. Genau genommen verwundert es eigentlich nicht (mehr), denn diese Unsitte, auch die Dokumentation von Live-Auftritten in einzelne Songs ohne Übergang aufzusplitten, greift mehr und mehr um sich. Mir jedenfalls gefällt das überhaupt nicht. Im dünnen Booklet wird ein bisschen die Genese von TYA 3.0 dargestellt. Zudem wird für dieses Jahr noch das Erscheinen eines Studio-Albums mit neuem Material angekündigt: Man darf durchaus gespannt sein!
Line-up:
Marcus Bonfanti (guitars, vocals)
Chick Churchill (keyboards)
Ric Lee (drums)
Colin Hodgkinson (bass)
Tracklist |
01:Sugar The Road (4:26)
02:One Of These Days (5:42)
03:I'm Coming On (4:25)
04:Nowhere To Run (4:28)
05:Me & My Baby (4:47)
06:Standing At The Station (7:54)
07:I Say Yeah (4:00)
08:Good Morning Little Schoolgirl (8:01)
09:Help Me Baby (11:05)
10:I'm Going Home (8:32)
11:Choo Choo Mama (3:43)
12a:Love Like A Man (2:36)
12b:Love Jam Two (2:53)
12c:Love Like A Man (1:43)
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