|
Whitesnake & Alice Cooper 25.11.2008, Messehalle Erfurt Support: Five And The Red One
|
Whitesnake & Alice Cooper
Erfurt, Messehalle
25. November 2008
Support: Five And The Red One
Konzertbericht
Stil: Hard Rock
Fotos: ©Axel Clemens
Artikel vom 03.12.2008
Ingolf Schmock
|
|
Mummenschanz und Mini-Playback Show
Rock-Veteranen Whitesnake & Schockrocker Alice Cooper beehrten Thüringen
Die zahlreichen Besucher wurden beim Eintritt in die Arena schon vor extremen Lautstärken mit nachhaltigen Gehörschäden plakativ gewarnt, und zu Selbstschutz mit Ohrenstöpseln zum Selbstkostenpreis angehalten.
Laut sollte es dann auch werden, was uns die Hard Rock-Veteranen musikalisch um die Ohren drapierten, was den Eindruck hinterließ, sie wollten ihrem generationsübergreifenden bzw. hörgeschwächtem, reiferem Publikum, damit einen Gefallen erweisen.
Es geht in der Branche fast Schlag auf Schlag, die Rockdinos geben sich quasi die Klinke in die Hand, vor wenigen Wochen erst Ian Gillan & Co., und an diesem Abend verlustierten sich die Haarspray-gestylten Oldies von Whitesnake und Alice Cooper auf Erfurters Konzertbühne.
Dabei liegt die Vermutung sehr Nahe, dass die Herren David Coverdale und Vincent Damon Furnier damit lediglich den Verkauf ihrer neuen Tonträger, im Land der wohl über Jahrzehnte treuesten Anhänger, ankurbeln wollten oder es aber an der Zeit war, ein kleines Zubrot für die Pensionskasse und für reichhaltig Weihnachtsgeschenke zu verdienen.
Die 'Weiße Schlange' müsste sich erstaunlicherweise keine Sorgen darum machen, schafften es die britischen Edelrocker nebst ihren mittlerweile 57-jährigen Frontmann David Coverdale, mit ihrem aktuellen, bodenständigen Album Good To Be Bad in die vordersten Chartpositionen. Im Grunde zehren aber beide Akteure des Konzertabends vom Liedgut ihrer noch fruchtbaren Jugendzeit, als sich noch wasserstoffblonde, großbusige Damen zu Rockweichspülern wie "This Is Love" auf den weißen Ledersitzen nobler Karossen räkelten, oder eine dämonisch geschminkte Bohnenstange in Lederkorsage das Establishment zu schockieren vermochte und sich gar vor Obama mit "Elected" als Präsidentschaftskandidat anpries.
Dieser Abend sollte neben brachialem Phongebläse erwartungsgemäß jede Menge theatralische Rockposen-Ingredienzien und Hard Rock-Granaten aus fast vier Jahrzehnten populärer Musikgeschichte vorfristig auf den Gabentisch legen.
Nachdem die jungen, aufstrebenden Ulmer Five And The Red One mit ihrem agilen Rock'n'Roll und neuem Tonträger im Gepäck noch vor dem offiziellen Showstart das schon gut gefüllte Oratorium anköchelten, mussten Rockdandy Coverdale und seine Mannen nach einer halbstündigen Umbaupause pünktlich mit der Tagesschau die schlichte, aufgeräumte Bühnenkulisse mit Leben erfüllen.
Auf dem mittlerweile dicht umlagerten Terrain strampelte sich der pseudojugendliche Frontmann mit erprobter Routine und mit seinem Mikrofonständer phalustierend, im Reigen seines fünfköpfigen Ensembles durch ein achtzigminütiges Best-of-Programm. Lediglich drei Songs vom aktuellen, und zugegebenermaßen, passablen Machwerk kamen dabei zum Zuge, welche sich aber mit den stärksten konzertanten Augenblicken der 'Weißen Schlange' recht kompatibel erwiesen und den 80er-Stadionhymnen anzupassen vermochten.
Schnell wird klar, dass die Zeiten, als der Hype über Rock'n'Roll, Dope und Ficken auf der Straße einen unkonventionellen Lebensstil anstatt Revolution rechtfertigten sollte, wohl endgültig begraben sein dürften. Die langhaarigen Helden dieser Show suggerierten dem entzückten Publikum den eingefrorenen Rocktraum der Achtziger, eine Zeit, als Leopardenleggins, Fransenjacken, gepflegtes langes Haupthaar und bornierte Groupies noch Hochkonjunktur hatten.
Schaumschläger und Egomane Coverdale spulte sein lärmiges Anmachprogramm mit großem choreografischen Gestus herunter und wurde dafür des Öfteren mit eher gnädigen Hallenovationen bedacht.
Er, der seine 'Best Years' schon etwas länger hinter sich hat - einerseits damals als große Rockstimme gefeiert wurde, sich andererseits während seinem kurzen Intermezzo bei
Deep Purple nicht gerade mit Ruhm bekleckerte - musste an diesem Abend auf die Unterstützung des Voll- bzw. Halb-Playbacks bauen. Besonders bei musikalischen Schmonzetten wie "This Is Love" oder "The Deeper The Love", vermochte sich der offenherzige Rockopa nicht mehr hinter dem Lärmpegel seiner Musikanten zu verstecken oder gar auf pures Schreien beschränken, sondern übte sich lieber im peinlich vorgetäuschtem Gesang. Einmal abgesehen von den lustigen Musikanten-Aktionen ihres Frontmannes bot seine Band eine garantiert echte, energiegeladene Performance, wobei sich die Whitesnake-Qualitäten , wie auch in vergangenen Besetzungen, auf die Kompetenz ihrer Gitarristen verlassen konnten. Die beiden Virtuosen Doug Aldrich (Ex- Dio u.a.) und Reb Beach (Ex- Dokken, Winger u.a.) lieferten sich grandiose Duelle, harmonierten aber auch sonst hervorragend mit der bollernden Rhythmusabteilung, und machten ihrem Arbeitgeber beim Hochglanzposing mächtig Konkurrenz.
Dem Gipfel der Hard Rock-Klischees wurde schließlich auch noch die emotionale Krone mit dem Song "Love Ain't No Stranger" aufgesetzt, welcher an diesem Abend dem kürzlich verstorbenen Freund bzw. Mitmusiker Mel Galley gewidmet wurde.
Resümierend muss man für ihren Auftritt, trotz Coverdales gesanglichem Faux Pas und übertrieben affektiertem Habitus eine solide Leistung und Bühnenaktionen mit hohem Spaßfaktor bescheinigen.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Alice Cooper
Welche Gefahren ein überdreht dröhnendes Dezibelgewitter in sich zu bergen vermag, wollte
der nächste musikalische Künstler in diesem Konzertmarathon seinem Publikum am eigenen Leibe demonstrieren.
Ein Mann, der sagenhafte vierzig Jahre im Musikgeschäft mit allen seinen Höhen und Tiefen überleben durfte, und mit seinem humorig-zynischen Rock-Varieté nebst dem markant verlaufenden Gesichtskajal zahlreiche nachfolgende Genrebands beeinflusste.
Der mittlerweile 60 Lenze zählende Vincent Damon Furnier, Rock-Entertainer aus Michigan und im Genre wohl Besser bekannt als Kunstfigur Alice Cooper, sollte seinen Jüngern den Rest dieses Abends mit der herrlich altbackenen Geisterbahn-Kirmesshow versüßen, und gleichzeitig durch seinen musikalischen Albtraum geleiten.
Der selbsternannte 'Fürst der Finsternis' und seine Mannen, beschwörten ein Tinitus-gefärdetes nonstop Hard Rock-Gemetzel, boten einhundert Minuten präpotentes Musiktheater voller klischeebeladener Riffs, in welchem böse Psychopaten, Zombies, tote Säuglinge und Galgen eine prominente Rolle spielten.
Während seine Begleitcombo eine choreographisch agile Performance aufbot, tummelte
sich der stimmlich rüstige Zeremonienmeister mit Flanierstock, Degen und allerlei martialischen Requisiten zwischen den Tanzeinlagen aufreizender Fummeltrienen und grässlich verkleideter Statisten, durch das Repertoire.
Alice Cooper präsentierte seinen recht eigenwilligen Soundtrack, ein Überbleibsel aus
der Psychedelia der Sechziger, als er sich vom derben musikalischen Humor Frank Zappas und dessen Freundschaft nährte und sich über die Jahre vom Tabubrecher in den Hitparaden-Rock-Zirkusdirektor verwandelte. Seine ironischen Showelemente können heute jedenfalls immer noch locker mit dem trashigen Ambiente aus David Lynch-Kopfgeburten und verblichenen Boris Karloff- B-Movies mithalten, sowie auch seine prävalent motivierte Kapelle, welche dem sonst so hart gescholtenen Hard Rock-Genre die belebende Würze verleiht.
Das Rock-Grusical gewinnt dabei am instrumentalen Know-how der beiden flinken und flexiblen Gitarristen Keri Kelly (u.a. Ex- Skid Row) und Jason Hook, über denen die fleischgewordene Schlagzeugmaschine Eric Singer (Ex- Kiss, Black Sabbath u.a.) thront, der sich über die gesamte Distanz genügend austoben, inklusive ein perkussives Kabinettstück mit seinen Kollegen aufführen durfte.
Herr Furnier (der nach zwei Drogenentzügen seinen Alkoholismus gegen die Golfsucht eintauschte) und die kolportierte Dämonie seiner Combo, kann heutzutage nicht mal mehr als Kinderschreck fungieren. Da hilft es auch nicht, aus seinem neuen musikalischen Machwerk Along Came A Spider Anekdoten aus dem Leben eines
Serienmörders auf der Konzertbühne feilzubieten. Der Meister bemüht die gesamte Palette seiner nostalgischen Show, propagiert diverse Missbrauchspraktiken weiblicher Exemplare, erschlägt Säuglinge im Kinderwagen (Frau von der Leyen wäre entsetzt), und verunreinigt die Bühnenbretter mit reichlich Kunstblut. Die Szenerie trägt oftmals sogar einige komische Momente in sich, wenn er beispielsweise über einen nekrophilen Fetischisten singt, der allabendlich die tiefgefrorene Leiche seiner Geliebten aus dem Kühlschrank holt, um mit ihr zu schlafen. Der totenkultbetreibende Altrocker muss dafür der Gerechtigkeit wegen, inmitten seiner Pappmascheekulisse in einer Zwangsjacke am Galgen schmoren, um schließlich danach als geläuteter böser Onkel im weißen Frack, die Hymne einer ganzen Schüler-Generation in den Saal zu verkünden. Ein langer Konzertabend beugte sich seinem Schicksal und entließ seine Jünger mit Furniers giftiger Bekenntnis, mit der er einst seine Legitimation für die sendestarken Popsudeler zurückeroberte, aus den überhitzten Saalbauch in die klirrende Novembernacht.
Zum Schluss hat das Gute doch wieder über das Böse gesiegt. Aber sind wir doch ehrlich zu uns selbst: Um all die Niedertracht auf diesen Planeten so satirisch zu verkörpern, sollte das Dämonische doch weiterhin immer wieder auferstehen, und für solch erquickende Unterhaltung sorgen.
RockTimes bedankt sich für die freundliche Unterstützung bei Irina Pötschke und Victoria Keilwerth, Känguruh Production Konzertagentur GmbH.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Externe Links:
|
|