|
Warren Zevon / Headless In Boston
|
|||
|
Schon seltsam, wie die Veröffentlichungspolitiken der Labels so laufen. Nach Todesfällen mancher Musiker wird relativ schnell so viel mögliches (in manchen Fällen auch unmögliches) Material rausgehauen, um schnell noch ein paar Kröten an dem/der Verblichenen zu verdienen. Bei anderen (natürlich etwas weniger bekannten) Künstlern kann die Sachlage allerdings schon ganz anders aussehen. Der Songwriter, Musiker und Sänger Warren Zevon verstarb im Jahr 2003 und man kann sich eigentlich nur wundern, dass es über zehn Jahre gedauert hat, bis "Headless In Boston" nun endlich auf dem Markt ist.
Wir haben es hier mit einem Konzert aus dem Jahr 1982 (also Zevons noch ziemlich 'wilder' Zeit) zu tun. Aufgenommen für das amerikanische Radio mit einer satten Spielzeit von knapp 76 Minuten und stolzen 19 Tracks. Die setzen sich natürlich aus seinen (von dem Frühwerk "Wanted Dead Or Alive" aus dem Jahr 1969 mal abgesehen) ersten vier Studioalben zusammen, während das Hitalbum Excitable Boy (1978) immerhin zu zwei Dritteln gespielt wurde. Die restlichen Songs wurden recht gleichmäßig verteilt von den Alben Warren Zevon (1976), "Bad Luck Streak At Dancing School" (1980) und "The Envoy" (1982) entliehen.
Wer die Live-Scheibe "Stand In The Fire..." kennt, der weiß bereits in welchem Ausmaß der gute Warren auf der Bühne abging. Und bei "Headless In Boston" kommt er mir sogar noch ein gehöriges Stück entfesselter vor. Starke Songs hatte der »härteste Rocker der Westküste«, wie es einmal zu lesen stand, natürlich massenhaft in der Hinterhand, von denen perfekt passend die Nummer "Johnny Strikes Up The Band" den Opener macht. Die Stimmung ist umgehend gesetzt und läuft bereits beim dritten Song ("Jeannie Needs A Shooter", eine Co-Komposition mit dem Boss) Gefahr, zu explodieren.
Die ganz großen Namen (die seine ersten drei Alben schmückten) in der Begleitband fehlen hier zwar, aber auch die vier Kollegen Wood, Bown, Larson und Daniels setzten Zevons Ideen ebenfalls bestens um. Und dann diese Songs... da reiht sich mit u. a. "Roland The Headless Thompson Gunner", "Poor, Poor Pitiful Me", "Carmelita", "I'll Sleep When I'm Dead", "Gorilla, You're A Desperado", "Accidentally Like A Martyr", dem Single-Hit "Werewolves Of London" und, und, und... eine Perle anstandslos an die nächste, verglichen mit den Studioversionen noch um einen großen Batzen an Adrenalin und Spielfreude bereichert.
Zevon war ein Live-Tier, wie es im Buche stand und sich nicht scheute, immer wieder seinen schwarzen, sarkastischen Humor mit einfließen zu lassen. Bei vorliegender Platte herrlich nachzuvollziehen bei einigen Songansagen, den oft sowieso schon hysterisch-zynischen Lyrics oder auch dem live immer etwas textlich veränderten "Werewolves Of London", mit dem mich der Mann jedes Mal wieder zum Lachen bringt. Aber dass er auch ein ganz feines Händchen für Dramatisches ("Carmelita" und "Bad Luck Streak In Dancing School") oder Romantik ("Accidentally Like A Martyr") hatte, kann er hier ebenfalls nochmal beweisen. Und schließlich gibt es auch noch Springsteens "Cadillac Ranch" (von dessen Album "The River", 1980) auf die Ohren.
Es gab auch mal ein käuflich zu erwerbendes VHS-Video aus etwa derselben Zeit (oder war es sogar derselbe Auftritt?) und man kann sich eigentlich nur wundern und den Kopf schütteln, dass es nicht mehr zu haben ist. Genauso die DVD-Dokumentation über Zevons letztes Lebensjahr, die die Aufnahmen seines finalen Albums The Wind dokumentierte, zur Zeit nur für ganz dicke Scheine erwerbbar zu sein scheint. Warren Zevon hatte etwas ganz Spezielles, ganz Eigenes, was auf der vorliegenden CD erneut deutlich ans Tageslicht kommt.
Ach, was soll ich groß drum herumschreiben? "Headless In Boston" ist ein Muss für alle Warren Zevon-Fans, ein Muss für alle Rock-Fans und sei allen, die den Mann erstmal kennenlernen möchten, ganz warm als Einstiegsalbum ans Herz gelegt!
Line-up:
Warren Zevon (keyboards, guitar, lead vocals) John Wood (lead & slide guitars) Randy Brown (lead guitars, background vocals) Larry Larson (bass) Joe Daniels (drums)
Externe Links:
|
