Die Londoner Blues-Veteranen von der Blues Band befinden sich inzwischen im sechsunddreißigsten Jahr ihres Bestehens. Außer einer einzigen kurzen Unterbrechung, Anfang der achtziger Jahre, ist das Quintett pausenlos zusammen und unterwegs und hat seit 1980 zweiundzwanzig Alben veröffentlicht. Während dieser langen Zeit gab es nur einen einzigen Personalwechsel im Line-up, als Rob Townsend für Hugie Flint den Platz hinter dem Schlagzeug einnahm. Eine nicht unbedingt 'normale' Tatsache, wenn man bedenkt, dass alle Bandmitglieder auch noch in anderen Formationen tätig sind und auch solo immer wieder Studio-Produktionen einspielen und als Gastmusiker zahlreiche Kollegen bei ihren Aufnahmen unterstützen.
In der jüngeren Vergangenheit scheint die Blues Band wieder auf einer besonderen Erfolgswelle zu schwimmen. Nach der großartigen Studio-Veröffentlichung Few Short Lines aus dem Jahr 2011, sorgte zwei Jahre später das CD/DVD-Set Live At Rockpalast für besonderes Aufsehen, gab es hier doch den legendären Auftritt der Band bei der sechsten langen Rockpalastnacht in der Essener Grugahalle auf Augen und Ohren. So verwunderte es nicht, dass die fünf Musiker im Jahr 2014 mit genau der Setlist dieses Longplayers quer durch Europa tourten, dabei ziemlich abräumten und überall begeisterte Fans zurückließ, wovon sich auch unsere Redaktion bei dem Gig in Isernhagen persönlich überzeugen konnte. Das war die Blues Band aus dem Jahr 1980, ohne irgendwelche Verschleißerscheinungen. Druckvoll, souverän und perfekt in allen Bereichen.
Und auch in diesem Jahr gönnen sich die Veteranen aus der britischen Hauptstadt keine Pause und sind wieder in unseren Breitengraden unterwegs. Erwartungsgemäß diesmal mal mit einigen Änderungen in der Setlist, denn kurz vor Beginn der diesjährigen Tour wurden mit den Alben Back For More, "Fat City" und "Homage" drei Studio-Werke wieder veröffentlicht (die Reviews zu den beiden Letzteren könnt ihr hier demnächst nachlesen). Klar, dass sich dann etliche Songs aus diesen CDs im Repertoire der diesjährigen Show befinden. So gab es diesmal nicht ganz so viele der straighten 'Rocksongs' auf die Löffel wie gewohnt. Selbst die 'Visitenkarte' der Blues Band, "Maggie's Farm", musste weichen. Dafür waren öfter Country Blues-Klänge zu hören, wobei Dave Kelly für mich mit seinen wunderschönen Slide-Einlagen einen saustarken Part spielte.
Doch zur Einstimmung begann das zweiteilige Set in der sehr gut besuchten Bluesgarage mit den drei Songs, die auch vor fünfunddreißig Jahren die Rockpalastnacht eröffneten. Nacheinander knallten "Come On In", "Talk To Me" und "Death Letter" aus den Boxen und machten gleich mal so richtig Alarm. Tom McGuinness an der Leadgitarre und Dave Kelly mit dem Bottleneck brachten sich gleich mal so richtig auf Betriebstemperatur. Und selbst der stimmlich durch eine Erkältung etwas angeschlagene Paul Jones blies sich die Lunge auf der Bluesharp aus dem Hals. Dazu pumpte die Rhythmus-Sektion jede Menge Power durch die Anlage. Spielfreude pur bei allen fünf Musikern, die sichtlich gut gelaunt ans Werk gingen. Zu meinem Erstaunen hielt sich diesmal sogar das nervige Dazwischengequatsche in Grenzen, sodass man diese wunderbare Musik richtig genießen konnte.
Nach dieser perfekten Einleitung ging es dann weiter mit einigen Songs aus den Solo-Alben der einzelnen Musiker, wobei einmal mehr die große Stärke der Blues Band deutlich wurde. Alle Bandmember ( Rob Townsend hielt sich hier vornehm zurück) sind ganz ausgezeichnete Vokalisten, sodass die einzelnen Songs jeweils ihren ganz eigenen Charakter entwickelten und der Blues Band eine unglaubliche Vielseitigkeit verliehen. Dazu entwickelten sich die Soloaktivitäten der beiden Gitarristen wieder zu Höhepunkten der Show. Gepaart mit dem Bluesharpspiel von Paul Jones, der ständig seine kleinen Arbeitsgeräte wechselte, war jeder Titel des Sets ein kleines Meisterwerk. Hierbei muss ich besonders ein herrlich intensives "Bad Boy" erwähnen, das mit einem unnachahmlichen Feeling rüber gebracht wurde.
Die große Stärke der Blues Band live ist die 'kleine Besetzung', mit der sie in der Regel auf Tour gehen. Das wurde gerade bei diesem Gig sehr deutlich, denn die Songs der drei oben erwähnten Re-Releases sind in den Studioversionen teilweise mit sehr starken Bläsereinsätzen unterlegt, was mir persönlich nicht so zusagt, obwohl die Arrangements in der Regel passen. So sagte mir zum Beispiel die Fassung von "Fat City" in dieser Liveversion wesentlich mehr zu, als die Studiofassung auf dem gleichnamigen Album. Und genau so verhielt es sich mit den anderen Stücken dieser drei Longplayer. Das ist zwar nur meine subjektive persönliche Meinung, aber für mich ist die Band am stärksten, wenn sich die hervorragende Saitenfraktion die Bälle ungestört zuspielen kann und ohne 'Verstärkung' agiert.
Im Zugabenteil des zweistündigen Konzertes war dann nochmal der reine Blues angesagt. Dabei stand ein ellenlanger Boogie aus der Feder von Gary Fletcher im Mittelpunkt. In schönster Canned Heat-Manier zog sich dieser Song über die Zeit und, wie bei der Legende aus Los Angeles, hatte jeder der fünf Musiker reichlich Gelegenheit, sich bei Soloeinlagen so richtig auszutoben. Dabei war Fletchers Alleingang an den dicken Saiten genau so beeindruckend, wie die Prügel, die Rob Townsend seinem Arbeitsgerät verabreichte. Gerade bei ihm machte es so richtig Spaß, ihm zuzusehen, wie er, breit grinsend, die Felle und Becken vermöbelte. Spielfreude pur! Die Blues Band zeigte einmal mehr, wie perfekt sie ihre Konzerte gestalten können.
Line-up:
Paul Jones (vocals, harmonica)
Tom McGuinness (lead guitar, vocals)
Dave Kelly (slide guitar, acoustic guitar, vocals)
Gary Fletcher (bass, acoustic guitar, vocals)
Rob Townsend (drums, percussion)
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