The Jimi Hendrix Music Festival
The Jimi Hendrix Music Festival Spielzeit: 73:13
Medium: CD
Label: Provogue Music/Mascot Records, 1998
Stil: Rock


Review vom 09.12.2011


Jürgen Hauß
Mit dem vorliegenden Review begebe ich mich mal wieder auf eine Zeitreise in Sachen
Jimi Hendrix. Doch nicht er soll hier besucht werden. Vielmehr unterbreche ich die Reise bei einem im Jahr 1996 - und damit auch schon vor einiger Zeit - im holländischen Tilburg stattgefundenen "Jimi Hendrix Music Festival", das auf CD veröffentlicht wurde, was ebenfalls die Einstufung als Zeitreise rechtfertigt.
Auf den Trip geschickt wurde ich durch die kürzliche Lektüre eines Interviews mit Walter Trout, der anlässlich der aktuellen Tour gemeinsam mit Popa Chubby darauf hinwies, dass beide Musiker bereits vor einigen Jahren gemeinsam getourt hätten. Das war mir neu und machte mich natürlich entsprechend (neu)gierig. Auf der gut sortierten Homepage von Walter Trout wurde ich in der dort auffindbaren 'Full Discography', die auch seine Gastauftritte bei/mit anderen Künstlern auflistet, schnell fündig.
Die dortige Ankündigung, »Walter Trout performs a great 'Voodoo Chile' on this album, and was joined by Popa Chubby and Michael Lee Firkins, for a really outstanding 'Red House' jam from 17 minutes!!!«, ergänzt um die weitere schnell gefundene Information, dass auch Kent Omar Dykes - über den ich zu dieser Zeit gerade an einem Review zur Essential Collection saß - bei dieser Veranstaltung mit dabei war, machte die Scheibe für mich zu einem 'Must Have'!
Okay, es gibt natürlich Kritiker, die sich angesichts der Unzahl unausgegorener oder auch nur halbgarer Jimi Hendrix-Tribute/Cover/Memorial-Alben mit Grausen abwenden. Dies gilt vielfach auch für mich. Aber gelungene Gegenbeispiele gibt es selbstverständlich auch, zu denen m. E. das vorliegend dokumentierte Konzert gehört. Denn dieses ist keineswegs - wie es in einer Online-Kritik beschrieben ist - von den »emotionslosesten und langweiligsten Saitendaddlern« gespielt worden, sondern von den besten Blues Rock-Gitarristen, die aktuell auf der Bühne stehen. Wobei bezüglich der Aktualität anzumerken ist, dass insbesondere Popa Chubby - bedingt möglicherweise auch die anderen Musiker - zum Zeitpunkt des Konzerts vor mittlerweile 15 Jahren einem breiteren Publikum in Deutschland nicht so bekannt waren wie heute; dies gibt dem ganzen Projekt noch einen zusätzlichen Reiz.
Lediglich neun Tracks sind auf der CD festgehalten. Dennoch beträgt die Gesamtlaufzeit über 73 Minuten, was bereits einen Hinweis auf die durchschnittliche Länge der einzelnen Songs gibt. Diese wird zwar maßgeblich von zwei wirklichen Longplayern beeinflusst, doch auch die meisten anderen Stücke haben mehr als klassisches Single-Format.
Das Ganze beginnt mit "Little Wing", für das Michael Lee Firkins gitarrenmäßig verantwortlich zeichnet. Zugegeben, diesen Gitarristen hatte ich bislang noch nicht auf dem Schirm - wie denn auch, wenn er selbst auf RockTimes bislang nirgendwo Erwähnung gefunden hat! Geboren 1967, wird er regelmäßig als Rockgitarrist bezeichnet, der allerdings die Gitarre - jedenfalls nach meinem Eindruck - ähnlich wie Carl Verheyen spielt, also durchaus mit Jazz-Elementen. Auch Ähnlichkeiten mit Steve Vai sind nicht zu überhören. Leider fehlt im Booklet ein Hinweis, wer hier die hervorragend eingebrachte 'Schweineorgel' bedient; ich vermute allerdings, dass es der einzige im Line-up erwähnte Keyboarder war. "Little Wing" wird - wie überwiegend bei Firkins - ohne Gesang dargeboten und geht übergangslos in "Manic Depression" über, das in seiner - ebenfalls rein instrumentalen - Interpretation sehr an Jimi Hendrix angelehnt ist (beide vorgenannten Songs sind übrigens als einzige Hendrix-Cover auf der Firkins -CD "Decomposition" aus dem Jahr 2003 als Studio-Versionen erhältlich, bei denen das filigrane Gitarren-Spiel von Firkins deutlicher zutage tritt).
Mit "Come On (Let The Good Times Roll)" betritt nun Popa Chubby die Bühne, einem zwar nicht von Hendrix komponierten Song, doch immerhin hatte dieser ihn auf "Electric Ladyland" - also einer der lediglich fünf zu Lebzeiten veröffentlichten LPs - bereits eingespielt. Den Song interpretiert Popa Chubby - genauso wie die folgenden "Foxy Lady" und "Up From The Skies" - so, wie wir es von ihm erwarten können und spätestens seit dessen Hendrix-Tribute-Album Electric Chubbyland aus dem Jahre 2006, auf dem die vorliegenden Songs natürlich nicht fehlen dürfen, kennen. Hart, rau, nah am Original, wobei selbst der Gesang ähnlich klingt.
Mit einem langgezogenen »Thank you« leitet Omar Kent Dykes seine Version von "Hey Joe" ein. Auch hier wieder eine akustisch im Vordergrund tönende Schweineorgel, so dass der Tastenmann Bobby van de Bergh bei diesem wie den folgenden Tracks völlig zu Recht namentlich angegeben ist. Ansonsten reiht sich diese Interpretation in die Liste ungezählter, angeblicher - schließlich stammt die Komposition bekanntermaßen gar nicht von ihm - Jim Hendrix-Cover ein, bis sie zur Mitte hin - man hat den Eindruck, der Song geht bereits dem Ende entgegen - tempomäßig etwas an Fahrt aufnimmt und dadurch etwas Eigenständigkeit gewinnt; die Angabe auf dem Cover »arr. K. Dykes « erfolgt daher durchaus zu Recht. Dennoch: ein wenig enttäuscht bin ich von der vorliegenden Version schon.
Doch das ist schnell vergessen, denn anschließend frickelt Walter Trout seine Interpretation von "Voodoo Chile" herunter, wofür er über zwölf Minuten benötigt. Natürlich ist das nicht rekordverdächtig angesichts - nur beispielhaft - einer über 17-minütigen Fassung von Henrik Freischlader auf Live, aber dennoch eine tolle Version. Das ist weder langweilig noch gar emotionslos! Spaß macht vor allem das 'Duell', sprich: Wechselspiel, mit der Schweineorgel - ich könnte stundenlang zuhören!
Und schließlich - das schmale Booklet mit nur wenigen Fotos kann dies allenfalls andeuten - der Höhepunkt des Konzerts: Drei der vier vorgenannten Gitarristen - Walter Trout, Michael Lee Firkins und Popa Chubby stehen gemeinsam auf der Bühne und zelebrieren zunächst die eingangs erwähnte "Red House"-Jam von (nahezu) 17 Minuten Länge. Die Musiker wechseln sich sowohl Gitarren-solistisch wie gesanglich ab, zudem erhält der Keyboarder ausreichend Gelegenheit, sein Können zum wiederholten Male unter Beweis zu stellen. Leider ist die Aufnahme phasenweise durch technische Schwächen arg gebeutelt, dennoch - einfach zum Wegträumen! Zwischendurch - wenn ich die Ansage richtig verstanden habe - wechselt Popa Chubby sogar an die Drums, wird aber von Walter Trout an die Gitarre beordert, um ihm 'den Blues zu spielen'. Zum Ende hin tritt der Jam-Charakter deutlich in den Vordergrund. Die letzten Sekunden deuten sogar das Intro zum
Led Zeppelin-Klassiker "Stairway To Heaven" an, doch ob der Song anschließend tatsächlich gespielt wurde oder ob dies nur ein kleines 'Gimmick' war - who knows.
Das hätte einen genialen Abschluss der Scheibe geben können, doch es folgt noch "Shake Your Money Maker". Auch nicht schlecht, der flotte Rock'n'Roll, doch irgendwie ein Fremdkörper auf der CD. Denn, wo Jimi Hendrix drauf steht, sollte auch Jimi Hendrix drin sein. Doch dieser Song wurde weder von ihm komponiert (sondern von Elmore James), noch - soweit ersichtlich - jemals von ihm interpretiert. Aber immerhin soll Jimi Hendrix Elmore James sehr bewundert haben, so dass es gerechtfertigt ist, einen von dessen größten Hits hier darzubieten. Immerhin ist das Stück mit einer Spielzeit von unter fünf Minuten der kürzeste Track der CD und damit schnell vorbei!
Ob die vorliegende CD den puristischen Hendrix-Fan (s.o.) überzeugen kann, vermag ich nicht zu beurteilen. Anhänger der hier interpretierenden Musiker dürften hingegen ihre Freude daran haben, wie diese die Erinnerung an einen wirklich genialen Gitarristen hochhalten. Schade eigentlich nur, dass es von dem Konzert - soweit ersichtlich - keine DVD gibt.
Line-up soweit angegeben:
Walter Trout (guitar, vocals - #7, 8, 9)
Omar Dykes (guitar, vocals - #6)
Popa Chubby (guitar, vocals - #3-5, 8, 9)
Michael Lee Firkins (guitar - #1, 2, 8, 9)
Juan van Emmerloot (drums - #1-7)
Barend Courbois (bass - #1, 2, 6, 8, 9)
Peter van Straten (bass - #3-5,7)
Bobby van de Bergh (keyboards - #6-9)
Tracklist
01:Little Wing (5:26)
02:Manic Depression (6:36)
03:Come On [Let The Good Times Roll] (7:03)
04:Foxy Lady (6:36)
05:Up From The Skies (7:11)
06:Hey Joe (7:16)
07:Voodoo Chile (12:10)
08:Red House (16:35)
09:Shake Your Money Maker (4:33)
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