Kamelot
Support: Firewind, Forever Slave
10. April 2008, Garage Saarbrücken
Garage Kamelot
Support: Firewind, Forever Slave
Garage, Saarbrücken
10. April 2008
Konzertbericht
Stil: Symphonic, Prog, Power Metal


Artikel vom 24.04.2008


Boris Theobald
Wir saarländischen Headbanger werden nicht gerade verwöhnt mit hohem musikalischem Besuch. Meistens kann man mit dem Zirkel auf der Landkarte mitten auf Saarbrücken stechen und einen Kreis von 200 km ziehen. Die interessanten Bands spielen in Köln, Frankfurt, Aschaffenburg oder um Stuttgart. So musste ich bei den vergangenen Kamelot-Touren auch jeweils selbst auf Tour gehen. Um so größer war dieses Mal meine Freude über deren Abstecher in das Land von Maggi & Lyoner. Erst einmal kamen zwei Vorbands, die ich nur dem Namen nach kannte und die den Abend zu einem reichlich internationalen Ereignis machen sollten...
Forever Slave Den Anfang machten Forever Slave aus Spanien, denen man ein halbes Stündchen Spielzeit eingeräumt hatte. Bei Forever Slave spielen Servalath, Leal, Oswalth und Edward. Das nur zur Ergänzung für die jenigen, die das nicht mitbekommen haben. Denn der Blickfang der Truppe ist ganz klar die zierliche Frontfrau Lady Angellyca. Deren entzückendes Antlitz hat tatsächlich über so manchen schiefen Ton hinweghören lassen. Die Ohrenstöpsel nochmal fix nachjustieren... die Lady hatte schon mächtig viele Blue Notes im Programm. Wahrscheinlich war sie nicht allein Schuld. Ein Problem mit der Technik könnte das entschuldigen. Trotzdem agierte Lady Angellyca auch ansonsten wenig souverän mit immer den gleichen wippenden Bewegungen... auch kein anderes Bandmitglied strahlte annähernd Bühnenpräsenz aus. Musikalisch ging es kaum spektakulärer zu. Ich hatte das Gefühl, dass aufgewärmte Nightwish-Melodien mit etwas größerem Goth-Faktor wellenförmig durch den Saal glitten; und alle Stücke klangen irgendwie gleich. Nun gut, als Aufwärmer hats getaugt. Wenn Forever Slave groß werden wollen, müssen sie kräftig zulegen. Vielleicht hatten sie aber auch nur 'nen schlechten Tag ... .
Firewind Exit Spain, enter Greece - Firewind betreten die Bühne! Und die haben gar keine Probleme, die immer noch nach und nach eintrudelnden Saarländer in ihren Bann zu ziehen. Dafür sorgt vor allem Sänger Apollo Papathanasio - der Mann, der den Namen des Gottes der Musik und des Gesangs trägt. Der Firewind-Fronter überzeugt vom eröffnenden Brecher "Into The Fire" an mit einer Körpersprache, die einer Powermetal-Kapelle würdig ist. Mit Bruchstücken seiner Deutschkenntnisse tut er ein übriges dazu, sich die Sympathien der anwesenden Metalgemeinde zu sichern: »Du hast ein Popel in der Naauuse! - I'll find out what that means afterwards... «. Es reicht freilich nicht, den Alleinunterhalter zu spielen. Der Mann kann auch singen - nicht wie ein Gott, aber richtig, richtig gut!
Firewind Die Instrumentalisten um Chef, Gitarrist und Bandgründer Gus G. spielen einen mitreißenden, vor Kraft strotzenden melodischen Powermetal mit gutklassigen Frickeleien, den der Kopfschüttelgenerator auch beim allerersten Hören perfekt in rhythmische Nackenmuskelexerzizien umzusetzen weiß. Ich könnte wetten, dass ich längst nicht der einzige war, der die Hellenen-Mucke noch nicht zuvor gehört hat - und dafür war die Stimmung allererste Sahne! Die schnelleren Double-Bass-Nummern klangen für mich zwar etwas austauschbar und schon einmal irgendwo gehört. Dafür haben sich die langsameren Nummern als großartige Höhepunkte des Gigs in mein Gedächtnis eingebrannt. "Circle Of Life" vom aktuellen Album "Premonition" und "Falling To Pieces" vom Vorgänger Allegiance sind umwerfende Mid-Tempo-Kracher, die durch das Charisma des Apollo in den Olymp befördert werden. Mein Fazit: sofort die CDs der Band besorgen! Für mich als Fan von Bands wie Dio, Brainstorm, Masterplan usw. ist das genau das Richtige!
Kamelot Da haben Firewind mächtig vorgelegt für die Hauptattraktion des Abends. Irgendwie passte es da ganz gut, dass Kamelot nicht auch mit Power in ihre Setlist gestartet sind, sondern einen geheimnisvollen Einstieg gewählt haben. Zum Intro "Solitaire" erscheint eine verhüllte Geigenspielerin auf der Bühne und lässt die Spannung kräftig ansteigen, bevor dann die ganze Band die Bühne betritt und gleich den ersten Song von Ghost Opera, "Rule the World", präsentiert. Als erfahrener Kamelot-Gucker staune ich von Beginn an über den exzellenten Klang in der Saarbrücker Garage. Es ist mein viertes Kamelot-Konzert; und bisher gab es immer mächtig Probleme mit dem vielschichtigen und detailreichen Sound der Band. Khans Stimme hatte ich bei den bisher besuchten Gigs (in Aschaffenburg, Balingen und Nürnberg) nur selten überhaupt im Gesamtmix gehört. Und nun? Ein astreiner Power-Sound - und Roy Khans Gesang thront über allem.
Kamelot Nicht nur, dass der Norweger großartig bei Stimme ist und mit seinen vokalen Spielereien immer mal wieder an Geoff Tate erinnert. Nein, Khan ist auch ein großer Schauspieler! Wenn er singt, legt er so viel Schmerz in seinen Gesichtsausdruck, dass man zuweilen glaubt, dem Mann müsse geholfen werden. Dazu erscheint der Zeremonienmeister in einer schwarzen Kutte, die ihm bis auf den Boden reicht. Das komplette Auftreten des Frontmanns unterstreicht in sensationeller Art und Weise die bombastische, dramatische Musik! Auch das Bühnenbild passt wie die Faust aufs Auge. Und hier haben Kamelot seit der letzten Tour sogar nochmal nachgelegt. Drummer Casey Grillo, dessen Haare wieder ein bisschen länger geworden sind, hat sein Drumset aufgemotzt. Ein Überbau für die Becken erinnert schon fast an Mike Portnoy.
Kamelot Ein kleines Podest mit mittelalterlichem Burg-Look bietet Platz für Anne-Catrin Märzke, eine Berlinerin, die die Band mit Backing Vocals unterstützt und auch schon auf der Live-CD von
Ghost Opera - The Second Coming zu hören war. Weibliche Gast-Vocals ist man von Kamelot ja gewohnt. Neu ist aber, dass 'die Neue' zwei, drei Mal für längere Zeit während des Gigs auf der Bühne bleibt. Bei mehreren Songs, darunter "Center Of The Universe" und "Eden Echo", unterstützt sie Roy Khan. Erstaunlich ist dabei, wie gut auch die Backings bei diesen schwermetallisch-kraftvollen Nummern zu hören sind. Der Klang der miteinander verschmelzenden Stimmen bietet sehr schöne Nuancen gegenüber den Studioversionen.
Kamelot Einer vieler Höhepunkte der Show ist "The Haunting", das Kamelot ursprünglich auf dem Album "The Black Halo" und später auch auf Tour mit Epica-Frontfrau Simone Simons aufgeführt hatten. Auch diesen weiblichen Part übernimmt Anne-Catrin Märzke und tritt für das Duett mit Roy Khan aus ihrer Hintergrundrolle heraus. Das Ergebnis ist Gänsehaut pur! Auch bei "Center Of The Universe" übernimmt sie übrigens im ruhigen Break die weiblichen Gesangspassagen. Bei den bisherigen Kamelot-Konzerten trat an dieser Stelle stets eine elegant umhüllte Sängerin für ein paar Sekunden auf die Bühne, bewegte ihre Lippen und jeder wunderte sich, warum nichts rauskam. Ja, es ist das erste Mal, dass ich nun die weiblichen Vocals überhaupt höre - und es ist auch noch verdammt gut! Fräulein Märzke verbindet Anmut und Sinnlichkeit mit der notwendigen Kraft - ein absoluter Zugewinn für die Band!
Kamelot Á propos... Bassist Sean Tibbetts, der für den aus familiären Gründen daheim gebliebenen Glenn Barry den Bass zupft, ist ein mordssympathischer Fingerakrobat und Showman! In einem Instrumental mit Frickelei, Bombast und neo-barocken Spielereien zeigen alle zusammen, was sie auf dem Kasten haben. Und Oliver Palotai, der Schwabe mit ungarischen Wurzeln unter den Floridarianern, bekommt ein eigenes Keyboardsolo, bei dem er allen Tastendrückern zeigt, dass er von Hause aus ein 'richtiger' Pianist ist.
Kamelot Noch zwei Momente des Gigs muss ich unbedingt herausheben. "Love You To Death" ist eine der schönsten Metalballaden, die ich je gehört habe und jagt mir live - natürlich mit Anne-Catrin Märzke als zweiter Stimme - einen Schauer nach dem nächsten über den Rücken. Und dann ist da noch dieser Klassiker: "Forever" - zusammen mit dem Song "Karma" vom gleichnamigen 2001er-Album der älteste Stoff in einer sehr aktuell ausgelegten Setlist. Tom Yougblood spielt wie gewohnt ein verträumtes Intro, bevor er bei dieser Schwindel erregend schnellen Double-Bass-Nummer mit feinstem Präzisions-Riffing beweist, was für ein sensationell guter Rhythmusgitarrist er ist. Und dazu dieser Sound, der jede seiner 32-tel oder was-weiß-ich-welche Schredder-Noten perfekt in Szene setzt!
Kamelot Es war wahrlich ein beeindruckender Konzertabend mit einem Headliner Kamelot, den ich noch nie so stark habe auftrumpfen sehen wie 2008. Die Garage in Saarbrücken war allerdings leider nicht so gut gefüllt - es hätten mindestens doppelt so viele Menschen in die Halle gepasst. Eine Ausnahme, denn ansonsten lief der Vorverkauf wohl prima (siehe auch das Interview mit Oliver Palotai). Die wenigen Hundert, die da waren, gingen aber ab wie Zäpfchen. Sie waren überproportional laut, und ganz vorn habe ich sogar ein Plakat ausgemacht, auf dem stand »You Rule the World!«. Das Phänomen Kamelot wächst weiter - und das sollte jeder erleben, der die Gelegenheit dazu hat.
Bilder vom Konzert
Firewind    Firewind    Firewind
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