Epitaph / Danger Man
Danger Man Spielzeit: 42:19
Medium: CD
Label: MIG Music, 2012 (1982)
Stil: Rock


Review vom 31.05.2012


Jürgen Bauerochse
Die Aktivitäten rund um die deutsche Rocklegende Epitaph gehen weiter. Nach ihrer Reunion im Jahr 2000, die in der Lindenbrauerei, Unna mit einem großartigen Konzert gefeiert wurde und als
The 21 Century Tour sowohl als CD als auch als DVD im Handel erhältlich ist, gab es mit Remember The Daze (2007) und Dancing With Ghosts (2009) hervorragende neue Studio-Alben, die den frühen Sound der Band wieder belebten. Zusätzlich wurde auch älteres Material aufbereitet und mit Bonustracks angereichert. So gab es eine Neuauflage des Klassikers Outside The Law (2010) und die drei Shows der Band im Rockpalast des WDR aus den Jahren 1977, 1979 und 2004 erschienen erstmalig als Krautrock Legends Vol. 1 auf CD und DVD.
Nun ist mit "Danger Man" der nächste Longplayer von Epitaph als remasterte Version erstmalig auf CD auf dem Markt erhältlich. Das Album wurde im Februar 1982 im Tonstudio Hiltpoltstein, einem kleinen Nest in der Nähe von Nürnberg, aufgenommen. Inzwischen bestand das Line-up der Gruppe mit Cliff Jackson, Bernd Kolbe und Klaus Walz wieder aus den bewährten Kräften, die auf der Amerika-Tour dabei waren. Lediglich Norbert 'Panza' Lehmann saß nun hinter dem Schlagzeug. So entstand dieses Album also mit altgedientem Personal, was gleichzeitig eine Rückkehr zu der schnörkellosen Rockmusik der Anfangszeit bedeutete. Und trotzdem war "Danger Man" die letzte Studio-Arbeit von Epitaph für die nächsten achtzehn Jahre. Eine wichtige deutsche Band verabschiedete sich für sehr lange Zeit von der Bildfläche.
Obwohl die Musik dieses Albums nun wieder deutlich zupackender ausfiel, als auf den letzten Arbeiten der Band, war eine Hinwendung in Richtung US-amerikanischer Rockmusik nicht zu überhören. Die Songs hatten nicht mehr so viele Ecken und Kanten und wirkten alle ziemlich glattgebügelt. So ist es nicht verwunderlich, dass mit "Ain't No Liar" nur noch ein einziger Titel dieses Albums zum Standard-Programm von Epitaph gehört. Nachzuhören ist das bei einem der beiden Bonustracks auf diesem Re-Release, der im November 2011 im Dortmunder Piano live mitgeschnitten wurde und so den direkten Vergleich mit der fast dreißig Jahre älteren Studioversion ermöglicht.
Der zweite zusätzliche Song hört auf den Namen "Good Times" und ist der einzige Coversong, den Epitaph jemals aufgenommen hat. Das Stück stammt im Original von der australischen Band The Easybeats und wurde im Sommer 1983 in den Kamener Hermes Studios aufgezeichnet. Hier ist mit Ralph Bloch ein neuer Drummer zu hören, der kurz vor dem Split der Band für Lehmann einstieg.
Beide Bonustracks machen durchaus Sinn, denn bei dem Easybeats-Cover, das richtig schön kräftig aus den Boxen dröhnt, wird noch einmal ganz deutlich, in welch guter Form Epitaph von der Bühne abtrat und was die Band noch hätte reißen können. Und "Ain't No Liar" zeigt die Zeitlosigkeit dieses Titels, der auch nach dreißig Jahren noch immer frisch und unverbraucht klingt.
Aber auch die Tracks des regulären Albums enthalten durchaus einige Schätzchen So geht gleich der donnernde Opener "Long Live The Children" richtig schön ins Ohr, wobei das tolle Gitarrensolo von Klaus Walz unbedingt Erwähnung finden muss. "Heartless" ist dann ein ganz typischer Epitaph-Rocker mit den gewohnten Double-Leads und dem tollen Harmoniegesang, der die Gruppe schon immer auszeichnete. Besonders der ruhige Mittelteil kommt sehr gut rüber. Klarer Anspieltipp!
Genau wie das äußerst melodiöse "High Wire", bei dem die klasse Vocals von Bernd Kolbe hervorzuheben sind. Dieser Song ist absolut radiotauglich, wirkt aber am Ende etwas unvollendet. Da fehlt noch der gewisse Kick, der Epitaph in früheren Songs auszeichnete. "Shake Charmer" ist dann das Paradebeispiel für die Kommerzialisierung dieses Albums. Das Stück ist durchaus eingängig, wirkt aber viel zu geschliffen und hat keinerlei Höhepunkte. Genau wie "Small Town Girl", das durchaus in den Glam Rock-Bereich passen würde und auch von Bands wie Sweet oder Slade stammen könnte.
Nachdem "Ain't No Liar" dann die klassischen Epitaph aufleben lässt, folgt mit "Let Me Know" ein weiterer Ohrwurm, der auch den ersten drei Alben gut zu Gesicht gestanden hätte. Der Song geht richtig gut ab und bleibt konstant in den Gehörgängen hängen.
Höhepunkt des Albums ist für mich der Schlusssong "The Daughter". Das Tempo ist nun stark gedrosselt, dafür rollen schwere Gitarrenrhythmen aus den Boxen. Da ist er wieder, der typische (Kraut-)Rock vom Anfang der Siebzigerjahre. Das mit über sechs Minuten längste Stück von "Danger Man" reizt die Spielzeit voll aus und ist perfekt arrangiert. Ein toller Ausklang dieser Scheibe.
"Danger Man" ist sicher nicht der größte Klassiker von Epitaph, bietet aber dennoch sehr starke und zeitlose Songs. Ich bin schon sehr gespannt, wie diese Titel bei der kommenden Tour auf der Bühne rüberkommen werden, denn einige Stücke dieses Albums sollen zum dreißigjährigen Jubiläum der Scheibe mit in das Live-Set eingebaut werden.
Line-up:
Cliff Jackson (lead guitar, vocals)
Bernd Kolbe (bass, vocals)
Klaus Walz (guitar, backing vocals)
Norbert Lehmann (drums, backing vocals)

with:
Ralph Bloch (drums - #9)
Achim Poret (drums, vocals - #10)
Heinz Glass (guitar - #10)
Tracklist
01:Long Live The Children (3:57)
02:Heartless (4:31)
03:High Wire (3:32)
04:Shake Charmer (4:12)
05:Small Town Girl (3:27)
06:Ain't No Liar (3:32)
07:Let Me Know (3:48)
08:The Daughter (6:15)

Bonus Tracks:
09:Good Times (4:09)
10:Ain't No Liar Live (5:14)
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