Epitaph / The Acoustic Session-Tour 2014
05.04.2014, Alter Bahnhof, Anderten
Epitaph Epitaph
The Acoustic Session-Tour 2014
Alter Bahnhof, Anderten
05. April 2014
Stil: Acoustic Rock


Artikel vom 11.04.2014


Jürgen Bauerochse
Epitaph Täter kommen ja bekanntlich immer an den Tatort zurück. Anscheinend gilt das auch im musikalischen Bereich. Denn schon im Jahr 2011 feierte die deutsche Rocklegende Epitaph das vierzigjährige Bandjubiläum im Alten Bahnhof von Anderten. Damals gab es allerdings das ganz 'normale' Programm auf die Ohren der Zuhörer. Soll heißen: eine Art 'Greatest Hits' mit dem Stammpersonal und der voll elektrischen PA. Und dieser Auftritt in der kleinen aber urgemütlichen Location schien auch den Musikern gefallen zu haben, denn nachdem sie in der Folgezeit auf ihrer Still Standing Strong-Tour größere Clubs anvisierten (das Konzert im Capitol, Hannover wurde dann auch als DVD/Do-CD veröffentlicht), waren sie an diesem Samstag wieder in Anderten angesagt.
Epitaph Und dieser Ort mit seinem stimmungsvollen Ambiente drängte sich förmlich auf, um die aktuelle Tour zu eröffnen, denn diesmal war eine rein akustische Show angesagt, die auf den Namen 'The Acoustic Session' hört, übrigens der gleiche Titel wie der brandaktuelle Longplayer, der nun kurzfristig in den Läden stehen wird. Angetestet wurden die stromlosen Songs schon bei der letzten Tour, als mit "Big City", "In Your Eyes" und "Visions" drei Titel im neu arrangierten Gewand vor Publikum gespielt und diese Fassungen durchweg positiv bewertet wurden. Diese Reaktionen spornten die Band noch weiter an, denn bislang gab es noch keinerlei Unplugged-Versionen von Epitaph, obwohl fast alle Kompositionen anfänglich akustisch entstanden sind, also für die Jungs weiß Gott kein Neuland sind.
Epitaph Nun stand also die Release-Party von "The Acoustic Session" auf dem Programm. Sieht man mal davon ab, dass der Silberling leider nicht rechtzeitig aus dem Presswerk kam und so an diesem Abend noch nicht greifbar war, verlief der Tag äußerst unterhaltsam. Zur Verstärkung des Line-ups waren Nektar-Keyboarder Klaus Henatsch, sowie als zweite Kraft an den Tasten Agnes Hapsari Retno mit dabei, genau so wie der Violinist Tim Reese, der bei der Acoustic Session eine sehr wichtige Rolle spielt. Alle diese Gastmusiker waren auch schon bei der letzten Tour mit dabei und drückten den Songs durchaus ihren persönlichen Stempel auf. Wie sich dann zeigen sollte, war ihr Einfluss auf die neu arrangierten Titel noch stärker als bei den ursprünglichen Fassungen.
Epitaph Nachdem wir schon am Nachmittag angereist waren (diese Release-Partys bieten ja immer die willkommene Gelegenheit mit den Musikern hautnah zusammen zu sein), dauerte es gar nicht lange, bis der Kontakt hergestellt war, denn gleich vor der Tür trafen wir schon auf Cliff Jackson und Heinz Glass, von denen wir dann auch die ersten Informationen abgreifen konnten. Auch der Rest der Band lief uns sehr schnell über den Weg, wobei es mich besonders freute, mich ausführlicher mit Klaus Henatsch unterhalten zu können, den man ja auch nicht jeden Tag zu fassen kriegt. Ein weiteres Highlight war dann der ganz lockere Soundcheck im noch fast leeren Saal, bei dem wir uns schon mal auf die Akustik-Versionen einstellen konnten. Ich liebe es, bei diesen Ereignissen hautnah dabei zu sein und mal Mäuschen zu spielen. So direkt kommt man sonst nie an die Musiker heran.
Epitaph Als das zweiteilige Set um 20.30 Uhr begann, war der Alte Bahnhof sehr gut aber nicht zu sehr gefüllt, sodass gleich wieder diese ganz typische, kuschlige Atmosphäre entstand. In den folgenden knapp zweieinhalb Stunden wurde dann fast das gesamte neue Album durchgespielt. Lediglich "Early Morning" und "Visions" tauchten nicht in der Setliste auf. Dafür gab es immer wieder jede Menge an Kommunikation zwischen den sichtlich gut gelaunten Musikern und ihren Fans. Weiterhin trugen zahlreiche, kurz eingestreute Improvisationen zur Stimmungsaufhellung bei. Diesmal musste u. a. der selige Elvis öfter mal dran glauben. Es war schon witzig, ein fröhliches "Muss i denn zum Städtele hinaus" auf die Lauscher zu bekommen.
Epitaph Die Setlist bestand aus Songs der gesamten Karriere von Epitaph. Auch bei längerem Nachdenken fällt mir kein Titel ein, der für eine stromlose Version geeignet gewesen wäre und nicht gespielt wurde. Selbst die altbewährten Gassenhauer wie "Going To Chicago" und das Quicksilver Messenger Servive-Cover "Who Do You Love" wurden verwurstet, wobei das Publikum auch nicht auf Bernie Kolbes Basssolo verzichten musste. Wirklich ganz stark gemacht! Liest man den Rest der Setliste, so ging der Gig von "Outside The Law", "Woman", "Ain't No Liar", "Remember The Daze" und "Looking For A Friend" quer durch die History der Band. Höhepunkte für mich waren dabei das sehr melancholische "Ships In The Dark" sowie der Überflieger "Ride The Storm", der bei mir immer eine sehr tiefe persönliche Emotion auslöst und eine ganz besondere Bedeutung hat. Auch das komplett umgebaute "Moving To The Country", das sich von einem treibenden Rocksong in einen swingenden Boogie verwandelt hat, war ein weiteres Highlight des Abends.
Epitaph Sehr interessant waren auch die zwei Hendrix-Cover "All Along The Watchtower" und das Instrumental "Villanova Junction". Jimi goes acoustic - ein Hörgenuss! Ganz stark ins Bandgefüge eingebunden war der Violinist Tim Reese, dessen starkes Geigenspiel fast jedem Song seinen eigenen Stempel aufdrückte und perfekt zu den Titeln passte. Leider war sein Instrument für meine Begriffe etwas zu leise eingepegelt, was aber durchaus zu verschmerzen war. Außerdem gab es auch einige Ausflüge in den Irish Folk-Bereich, und Reese übernahm dann auch einige Gesangsparts, bei denen er ebenfalls einen sehr starken Eindruck hinterließ. Der Mann ist wirklich gut und passt prima in das derzeitige Epitaph-Konzept. Aber auch die beiden Keyboarder trugen erheblich zum Gelingen des Abends bei und veredelten die Stücke noch um einiges. Wer in den nächsten Monaten die Gelegenheit hat, Epitaph live zu erleben, sollte tunlichst seinen Arsch aus dem Sessel heben. Es lohnt sich auf jeden Fall!
Epitaph Zu guter Letzt muss ich aber wieder einmal auf DAS Thema der jüngeren Vergangenheit zu sprechen kommen, das mich in diesem Jahr schon bei den Konzerten von Jessy Martens und der Blues Band an den Rand des Wahnsinns getrieben hat. Bei den Musik ignorierenden Labertaschen herrscht anscheinend momentan Hochkonjunktur. So auch an diesem Abend. Es ist wirklich schlimm, wenn einige Frauen im Rudel auftreten, offensichtlich angetrunken sind und dann auch noch meinen, durch unqualifizierte Bemerkungen unbedingt auffallen zu müssen. Und das bei einem Akustik-Set. Dieses Gekeife trieb mich fast in den Wahnsinn, denn leider halfen auch mehrere Bitten um Ruhe nur zeitweise, diese Tratschtanten im Zaum zu halten. Warum bleiben solche Leute nicht einfach zuhause hinter dem Herd, wo sie hingehören? In einem Konzert haben sie jedenfalls absolut nichts verloren!
Wir bedanken uns ganz herzlich bei Dirk Osterhaus von Media 2 Promotion und Rolf Mölder für die problemlose Akkreditierung.
Line-up:
Bernd Kolbe (bass, vocals)
Cliff Jackson (guitar, vocals)
Heinz Glass (guitar)
Achim Poret (drums, backing vocals)

Special guests:
Klaus Henatsch (keyboards, backing vocals)
Agnes Hapsari Retno (keyboards)
Tim Reese (violin, vocals)
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