Was diese Band für mich persönlich seit den siebziger Jahren bedeutet und was für Erinnerungen an diese Zeit mich bei den Konzerten von Nektar immer wieder einholen, das habe ich schon in der Einleitung zu meinem Konzertbericht aus dem Jahr 2007 beschrieben. So lange ist es also schon wieder her, dass ich Roye Albrighton und seine Mitstreiter, damals im Musikzentrum Hannover, live auf der Bühne erlebt habe. Eigentlich war der Gig in der Bluesgarage Isernhagen schon für das Jahr 2014 in trockenen Tüchern, aber eine ernsthafte Erkrankung des Frontmannes ließ die ganze geplante Tour durch Europa platzen. Umso schöner, dass Roye inzwischen wieder voll hergestellt ist und wieder durch unsere Clubs ziehen kann.
Meine Vorfreude auf die Progressive Rock-Ikonen meiner Jugendzeit war also entsprechend groß, und genau so ging es wohl dem größten Teil des anwesenden Publikums, das den Saal der Bluesgarage für einen Donnerstag sehr gut füllte. Die meisten Leute sahen vom Alter her gesehen so aus, als wären sie bei den erfolgreichsten Zeiten von Nektar vor circa vierzig Jahren schon live dabei gewesen. Zudem bestand das Publikum, ebenfalls wie in den Siebzigern, fast ausschließlich aus männlichen Wesen. Auch am Merchandise-Stand herrschte reger Betrieb, wobei vor allem Vinyl zuhauf über den Tresen ging, denn die Band hat ihren Backkatalog zum größten Teil als Schallplatte, die meisten mit sehr interessantem Bonusmaterial, neu aufgelegt.
Drei Viertel des Band Line-ups von Nektar sind seit acht Jahren konstant. Neben Roye Albrighton sitzt Ur-Schlagzeuger Ron Howden hinter der Schießbude und hält seiner Band die Treue. Daneben ist die dritte Stütze mit einer ganz wichtigen Rolle als Keyboarder und Sänger der Hannoveraner Klaus Henatsch, dessen bekannteste musikalische Stationen die Jutta Weinhold Band, Mother Jane (zu hören auf dem Album "Comes Alive") sowie Peter Pankas Jane, mit denen er die CD "Beautiful Lady" einspielte, waren. Außerdem wirkt er immer wieder bei Studioaufnahmen und Liveauftritten von Epitaph mit. Lediglich die Position des Bassisten ist vakant. Bei dieser Tour ist der blutjunge Tom Frey aus London am Viersaiter mit dabei und füllt diese Rolle sehr gut aus.
Gespannt war ich natürlich auch auf die Setlist dieses Auftrittes. Inwieweit würde Nektar die jüngeren Alben mit ins Programm einbauen? Und welche der kampferprobten Klassiker mussten dafür weichen? Die Band hatte ja etliche Möglichkeiten zu Änderungen, denn in den acht Jahren, in denen ich sie nicht mehr gesehen hatte, gab es ja einige neue Alben auf die Ohren. Machen wir es also kurz: Vom aktuellen Langeisen Time Machine war es der Titelsong, der Einzug ins Programm fand. Dazu waren mit "Dr. Kool" und "King Of The Deep" zwei Songs vom Album Book Of Days dabei sowie "Now" von The Prodigal Son. Das war es aber auch schon mit den jüngeren Aufnahmen. Der Rest des zweieinhalbstündigen Sets bestand aus Titeln aus den siebziger Jahren, wobei A Tab In The Ocean mit fünf Stücken und ... Sounds Like This (vier Songs) den größten Anteil hatten.
Der erste Teil des Konzertes begann mit dem Titelsong "Recycled" vom gleichnamigen Album, bei dem Klaus Henatsch gleich mal unterstrich, was für eine tragende Rolle die Keyboards in der Musik von Nektar spielen. Aber auch Roye Albrighton kam sichtlich aufgeräumt in den Gig hinein. Gut bei Stimme erledigte er auch die Gitarrenparts im typischen Nektar-Sound. Die Band war sofort richtig gut in Fahrt. Dabei faszinierte mich Ron Howden mit seiner stoischen Ruhe. Unglaublich, wie gelassen er die vertrackten Parts herunterriss und sich dabei perfekt mit Tom Frey verstand. Der ideale Einstand für einen Nektar-Gig.
Es folgten mit "Preacher" und "Mr. H" zwei bewährte Schlachtrösser von "... Sounds Like This", die nichts von ihrer Frische eingebüßt haben. Nektar machte mächtig Dampf mit klasse Soloeinlagen an Keyboards und Gitarre. Nach "Dr. Kool" und "King Of The Deep" vom Album "Book Of Days" wurde der erste Teil des Sets mit "Cryin' In The Dark" und "King Of Twilight" von "A Tab In The Ocean" beendet. Zuvor gab es aber noch "Time Machine" auf die Löffel, das sich nahtlos und passend ins Programm einfügte und sich echt stark anhörte. Der einzige Titel, den ich noch nicht kannte, machte Eindruck auf mich.
Nach einer dreißigminütigen Pause begann Teil zwei der Show mit dem unvergleichlichen "A Tab In The Ocean", einem der größten Nektar-Klassiker überhaupt, zu dem ich wohl gar nichts weiter sagen muss. Großartige Musik! Genau wie das folgende Medley, bestehend aus "The Dream Nebula", "Desolation Valley" und "Waves", allesamt Hinhörer seit Jahrzehnten, bei denen mir allerdings etwas die Lightshow der frühen Jahre fehlte, die den Songs immer wieder etwas Besonderes vermittelte.
Weiter ging die Zeitreise mit "Now", das sich inzwischen auch zu einem festen Bestandteil des Live-Repertoires entwickelt hat und musikalisch großartig ins Programm passt und auch herrlich lange ausgedehnt wurde. Ein weiteres Medley bestand dann aus "Cast Your Fate" ("… Sounds Like This"), "The Debate" ("Evolution") und dem Titelsong "Man On The Moon". Und auch hier verflog die Zeit wie nichts. Nektar-Songs sind eben immer kleine Kurzgeschichten, bei denen die Zuhörer Zeit und Raum vergessen. So auch an diesem Abend.
Im Nu war das reguläre Set beendet. Aber da das Bluesgaragen-Publikum ein feines Gespür für gute Livegigs hat, wurde die Zugabe stürmisch gefordert und wir bekamen sie auch. Diesmal in Form von "Good Day", einem weiteren Titel von "... Sounds Like This" und zudem auch noch einer meiner Lieblingssongs von Nektar. Dieses Stück gehört nicht gerade zu den meist gespielten Werken der Band, ist aber für mich mit seiner Eingängigkeit die ideale Zugabe und der perfekte Abschluss eines Nektar-Konzertes.
Leider war nach dieser zehn Minuten langen Version endgültig Schluss. Aber die Besucher konnten zufrieden nach Hause gehen. Nektar hatte das gehalten, was man sich von ihnen versprochen hatte. Mir persönlich fehlte noch ein Klassiker zum Glücklichsein, denn das Kult-Album Remember The Future stand gar nicht auf dem Programm. Aber das ist meckern auf ganz hohem Niveau, denn man kann nun mal nicht alles haben. Es bleibt festzuhalten: Nektar hat auch im Jahr 2015 wieder ein tolles Konzert abgeliefert!
Line-up:
Roye Albrighton (vocals, guitar)
Klaus Henatsch (keyboards, vocals)
Ron Howden (drums, backing vocals)
Tom Frey (bass)
Setlist |
01:Recycled
02:Preacher
03:Mr. H
04:Dr. Kool
05:King Of The Deep
06:Time Machine
07:Cryin' In The Dark
08: King Of Twilight
09:A Tab In The Ocean
10:The Dream Nebula/Desolation Valley/Waves
11:Now
12:Cast Your Fate/The Debate/Man On The Moon
13:Good Day
|
|
Externer Link:
|