Lieber Leser,
Der Sommer ist vorbei, ebenso das Sommerloch, offensichtlich Anlass genug für die Promotionagenturen, eine Flut von Neuveröffentlichungen auf arme Rezensenten zu spülen. Es ist wirklich erstaunlich, welche Welle nun wieder rollt.
Dabei bin ich oft verblüfft, wie viele Künstler/Bands es doch gibt, bei deren Produktionen man bereits prophezeien kann, dass sie damit keine müde Mark (äh, Euro) verdienen werden.
Nun, wenn es denn einfach nur als Zubrot dient und die reine Freude am Musizieren im Vordergrund steht, wie es mir unlängst Mikael Persson in seinem Interview auch bestätigte, also Musiker, die einem eigentlichen Hauptberuf nachgehen, dann macht das Sinn und ich kann dann leicht neidisch werden, dass hier eine Art Selbstverwirklichung nur um der Freude willen stattfindet.
Nun, viele werden aber auch darunter sein, die kämpfen müssen, die darauf angewiesen sind, dass ihre Platten gekauft und ihre Konzerte besucht werden. Aber dazu hatte ich ja bereits im letzten Jahr etwas ausgeführt.
Nun, es ist sicher auch nicht einfach, heute noch Songs zu schreiben, die sich von dem unterscheiden, was im Laufe der Musikgeschichte bereits in Töne gekleidet wurde, insbesondere aus meiner Sicht in den fünfziger und sechziger Jahren.
Als jemand, der in den Sechzigern mit Musik groß geworden ist, ertappe ich mich auf der Suche nach Musik immer wieder dabei, dass ich gern auf diese Ära zurückgreife, wenn es gilt, gut gemachter Popmusik zu lauschen. Denn vergleichend zu dem, was heute oft aus der Retorte gezaubert wird, war es seinerzeit noch echte Handarbeit von Songwritern und Arrangeuren, die aufwändige Songs hervorbrachte. Ganz auffällig ist es unter anderem dann, wenn ich auf solche Musik zurückgreife, die sich nicht unbedingt am Beat und dem orientiert, was sich später als Rock manifestieren sollte, also an dem, was auch von mir damals schlicht als Unterhaltungsmusik abgetan wurde. Vielleicht lernt man erst mit zunehmendem Alter zu unterscheiden, wo sich Qualität von der Masse abhebt. Denn wenn ich mir noch heute lieber eine American-Top-100 der Jahre 1966 bis 1969 anhöre, stelle ich fest, wie viele hochwertige Songs dort doch zu finden waren. Oft waren es berühmte Songwriter-Teams, die Hits am Fliessband herstellten. Es gab ja nicht nur Lennon/McCartney oder Jagger/Richards, sondern die Geschichte der Popmusik wurde schon eher geschrieben durch Teams wie: Leiber/Stoller, Goffin/King, Mann/Weil, Bacharach/David, Pomus/Shuman, Sedaka/Greenfield, damals allesamt im New Yorker Brill Building tätig und an diese möchte ich heute gern einmal erinnern.
Allein diese wenigen Komponisten haben eine Masse an wirklich guten Songs vorgelegt, ein paar Beispiele: "Hound Dog", "Jailhouse Rock", "Love Potion No. 9" (Leiber/Stoller), "(You Make Me Feel Like) A Natural Woman", "Take Good Care Of My Baby", "Pleasant Valley Sunday" (Goffin/King) "(You're My) Soul And Inspiration", "We Gotta Get Out Of This Place", "Blame It On The Bossa Nova" (Mann/Weil)
Und wer erinnert sich nicht gern an solche Hits: "Calendar Girl", "Dream Lover", "Take Good Care Of My Baby", "One Fine Day", "Spanish Harlem", "The Loco-Motion", "Be My Baby" oder "Baby I Love You". Und genau das finde ich schade, dass so etwas in der heutigen Popmusik sehr rar geworden ist.
Wo ich mich gerade mit dem Lauf der Zeit beschäftige, einige Künstler und Persönlichkeiten gibt es, die leider nicht mehr unter uns weilen. Verstorben sind im September unter anderen:
Viele werden ihn nicht mehr kennen und auch nicht die Band, in der er in den Sixties spielte, am 01. September verstarb er, Joe Kelley, der Bassist und Gitarrist der Band The Shadows Of Knight. Zeit, zur Erinnerung mal wieder "Gloria" aufzulegen.
Am 07. September verstarb jemand, den wahrscheinlich ebenfalls nicht viele kennen, Fred Katz - der Cellist, der sein Instrument im Jazz etablierte, sehr eindrucksvoll in den Fünfzigern in der Band des Drummers Chico Hamilton. Er wurde vierundneunzig Jahre alt!
Der Schauspieler Otto Sander lebt seit dem 12. September ebenfalls nicht mehr und am gleichen Tag ereilte es auch Ray Dolby, der den rauschfreien Klang beim Aufnehmen ermöglichte. Marcel Reich-Ranicki schließlich, starb am 18. September und Paul Kuhn am 23. September 2013.
Auflegen darf, wer möchte, im Oktober Platten von folgenden Künstlern, ob sie nun noch leben und ihren Geburtstag feiern oder ob wir ihnen damit gedenken, eine kleine Auswahl:
02.10.1951 Sting
04.10.1940 Steve Swallow
09.10.1940 John Lennon
10.10.1953 Migde Ure
13.10.1940 Pharoah Sanders
13.10.1941 Paul Simon
14.10.1940 Cliff Richard
18.10.1937 Cynthia Weil
19.10.1944 Peter Tosh
21.10.1917 Dizzy Gillespie
22.10.1945 Leslie West
24.10.1936 Bill Wyman
26.10.1911 Mahalia Jackson
29.10.1925 Zoot Sims
30.10.1939 Grace Slick
Auch im September gab es einige Platten, die aus Sicht der Rezensenten das Prädikat 'Tipp' verdienten:
Noch haarscharf am letzten Tag des Monats August online, aber muss noch erwähnt werden:
Jazz In The New Harmonic, dann im September
It's Happening, Alligator Heart, Higher, Dreams Of The San Joaquin, Shout und The Listener.
Und hier noch einige Neuankündigungen:
Sicher, wenige wird interessieren, dass Justin Timberlake im Oktober ein neues Album vorlegt. Aber vielleicht sind die kommenden Neuerscheinungen dieser Acts interessanter:
The Blind Boys Of Alabama - "I'll Find A Way"
Alex Chilton - "Electricity By Candlelight"
Gary Numan - "Splinter"
Paul McCartney - "New"
Pearl Jam - "Lightning Bolt"
Midlake - "Antiphon"
Susanna Hoffs And Matthew Sweet - "Under The Covers, Vol. 3".
Von Oktober Promotion wird angekündigt:
Daniel Romano -"Come Cry With Me", ein ganz altmodisches Countryalbum, das stark an Gram Parsons erinnert. Große Empfehlung!
Außerdem: The Gipsy Kings- "Savor Flamenco"
And now for something completely different - einige Links zu interessanten Seiten, zum Stöbern, ideal auch für die nun beginnenden Herbst- und Wintertage:
So, in diesem Sinne wünsche ich angenehme Tage und einen goldenen Oktober!
Wolfgang
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