Werner Nadolny: Die nächste CD wird ein reines Jane-Werk
Rocktimes Interview Werner Nadolny war nicht nur Mit-Begründer der deutschen (Kraut-) Rock-Institution Jane, sondern auch maßgeblicher Co-Komponist von Meilensteinen der Hannoveraner, wie den Alben "Together", "Here We Are" und vor allem "Fire, Water, Earth & Air". Seit etwa Mitte der achtziger Jahre führte Nadolny die Band zusammen mit dem mittlerweile verstorbenen Peter Panka durch so manche harte Zeit bis zum Comeback der Band, das um den Jahrtausend-Wechsel stattfand. Gute vierzig Jahre Musik-Geschichte hat Werner Nadolny mittlerweile auf dem Buckel. Dies, vor allem aber sein neues Album Proceed With Memories, ein ganz persönlicher Abschied von seinem langjährigen Freund und Mitmusiker Peter Panka, nahmen wir zum Anlass, mit Werner auf die Vergangenheit, Gegenwart und auch Zukunft zu blicken.

Interview vom 13.03.2009


Markus Kerren
RockTimes: Hallo Werner, schönen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst! Und erstmal Glückwunsch zum neuen und sehr gelungenen Album "Proceed With Memories". Obwohl es ja eigentlich so brandneu nicht mehr ist und auch nicht von der aktuellen Werner Nadolnys Jane-Besetzung eingespielt wurde, oder?
Werner Nadolny: Es ist dadurch nicht ganz brandneu, da ich gegen Intrigen angehen musste (siehe Homepage von wn-jane.de in einem Thread im Forum unter "Die unendliche Geschichte der Tribute-CD") und die CD wurde auch nicht von der aktuellen Jane-Besetzung eingespielt.
RockTimes: Du hast gesagt und geschrieben, dass du dich mit dem Album von deinem langjährigen Freund und musikalischen Partner Peter Panka verabschieden möchtest. Vor allem die beiden Songs "Tribute" und "So So Long" weisen hier einen direkten Bezug auf. In wie weit stehen auch die anderen Tracks in Verbindung mit Peter?
Werner: Diese CD war ursprünglich nur für die Verabschiedung meines langjährigen Freundes Peter Panka gedacht. Auch die anderen Tracks haben mehr oder weniger mit Peter zu tun. Da wäre z.B. "Sometimes". Ein Song, den ich für Peter und mich unter dem Titel "Heartbeat" (auf der Jane-CD "SHINE ON") komponiert hatte, den er sehr liebte und den ich mit Jutta Weinhold umarbeitete. Oder auch "Requiem", in dem ich versuchte, Peters Leben musikalisch nachzuvollziehen.
RockTimes: Wie verlief der Aufnahme-Prozess im Studio? Waren hauptsächlich du und der Produzent Ossy Pfeiffer am Werk, bis die Song-Gerüste standen und ihr dann die weiteren Musiker und Sänger dazu genommen habt?
Werner: Nur ich und mein Co-Producer Ossy Pfeiffer waren im Studio und erschufen die Song-Gerüste. Danach kamen dann alle weiteren Musiker dazu.
RockTimes: Mir war bereits vor dem ersten Anhören klar, dass dieses Album nicht wie das letzte Jane-Werk Voices klingen würde, denn schließlich war es ja zunächst als Solo-Scheibe geplant. Die Songs erinnern mich viel mehr an den Jane-Sound der Achtziger und Neunziger, wobei einmal mehr deutlich wird, wie groß dein Anteil bzw. Einfluss an der Musik der Band war. Wie lief der Songwriting-Prozess mit Peter Panka und dir ab? Du die Kompositionen und er die Texte und Gesangsmelodien?
Werner: Du hast es genau richtig dargestellt.
RockTimes: Auf "Proceed With Memories" ist am Gesang, wie auch schon bei deiner vorherigen CD Rock-Legenden Geff Harrison vertreten, der sich die Vocals mit Jutta Weinhold teilt. Die Jutta hatte nach ihrer Zeit mit Udo Lindenberg ja auch eine Solo-Karriere und konnte außerdem Erfolge mit der Band Zed Yago einfahren. Was hat Geff Harrison nach seiner Zeit mit
Kin Ping Meh und der Solo-Zeit musikalisch getrieben?
Werner: Leider hat Geff nichts Erwähnenswertes nach Kin Ping Meh betrieben.
RockTimes: Verrätst du uns, wer bei dem Song "So So Long" neben Jutta die zweite Hauptstimme gesungen hat? Das ist nämlich nicht der Geff, oder?
Werner: Bei "So So Long" gibt es überhaupt keine Hauptstimme, da außer Jutta und Geff noch viele Sänger mit dabei waren, wie Anca Graterol, Gaby Neitzel, Ossy Pfeiffer, Dete Kuhlmann usw.
RockTimes: Du hast, wie auch schon mehrfach in der Vergangenheit, auf die Gitarren-Dienste von Kai Reuter zurückgegriffen, der ja auch eine Zeitlang Mitglied bei Peter Panka's Jane war. Wann und warum hat er die Band verlassen?
Werner: Kai Reuter hat die Band verlassen, da er diesen Tour-Stress nicht mehr mitmachen konnte und wollte. Heute hat er ein eigenes Musikstudio, ist damit zufrieden und steht Jane jederzeit für Musikaufnahmen zur Verfügung (siehe "Proceed With Memories").
RockTimes: Als Bonus-Track deiner Scheibe gibt es eine Live-Einspielung mit Peter an den Drums und Gesang. Von wann stammt diese Aufnahme?
Werner: Diese Aufnahme ist von einem Stadtfest in Hannover 1995.
RockTimes: Werner, nach fast 40 Jahren Jane müssen wir natürlich auch ein wenig auf die Vergangenheit eingehen. In schöner Regelmäßigkeit fragen in unserem Forum immer wieder Fans des Albums "Together", was eigentlich aus Bernd Pulst nach seinem Ausscheiden aus der Band geworden ist. Kannst du uns da weiterhelfen?
Werner: Bernd Pulst ist leider nach seiner Trennung von Jane verstorben.
RockTimes: Nach dem zweiten Album "Here We Are" warst du selbst nicht mehr in der Band. Ein paar Jahre später kam dann mit "Fire, Water, Earth & Air" dein großes Jane-Comeback. Aber schon kurz danach, sprich auf dem nächsten Album Live At Home, warst du schon wieder verschwunden. Die Frage lautet jeweils: Warum?
Werner: Nach dem zweiten Album "Here We Are" schlug die Band eine Musikrichtung ein ("Jane III"), die ich nicht mittragen wollte und konnte. "Fire, Water, Earth & Air" war ein Album, das ich schon mit meiner Gruppe Lady begonnen hatte und auf Bitten, nach Auflösung meiner Gruppe im Jahr 1975, mit zu Jane nahm. Kurz vor dem nächsten Album "Live At Home" musste ich leider erkennen, dass ich als Komponist ausgenutzt worden war und darum verschwand ich wieder.
RockTimes: Warum war Charly eigentlich nicht bei der 1992er Neuseeland-Tour dabei?
Werner: Charly Maucher war nicht bei der 1992er Neuseeland-Tour dabei, da zu dieser Zeit keine Kontakte zwischen Jane-Musikern und Charly Maucher bestanden, aufgrund dessen, dass er nach Kanada ausgewandert war.
RockTimes: Welches ist dein persönliches Lieblings-Album von Jane und gibt es aus heutiger Sicht Scheiben, die du als weniger gelungen betrachtest?
Werner: Mein persönliches Lieblings-Album von Jane ist "Fire, Water, Earth & Air", das ich zum größten Teil selbst geschaffen habe und es außerdem das einzige Konzeptalbum ist, worauf ich besonders stolz bin. Als überhaupt nicht gelungenes Album bezeichne ich "Germania", woran die Gruppe Jane 1982 auch zerbrochen ist.
RockTimes: Im RockTimes-Interview mit Peter Panka aus dem Jahr 2005 hat er Klaus Hess für die verrückte Personal-Politik in der Band verantwortlich gemacht. Wie hat er es als einziger bewerkstelligt, etwa 12 Jahre mit dem unbestritten einzigartigen Gitarristen zusammen zu arbeiten. Hatten die beiden ein besonderes Verhältnis?
Werner: Peter Panka hatte vollkommen Recht, dass er Klaus Hess für die verrückte Personalpolitik verantwortlich gemacht hat. Die meisten ehemaligen Jane-Musiker sind mit Klaus Hess zerstritten. Peter Panka hat als einziger bewerkstelligen können, aufgrund seiner Gutmütigkeit und der Liebe zur Band Jane, zwölf Jahre mit Klaus Hess zusammen zu arbeiten. Danach war auch bei ihm das Zusammenarbeits-Potenzial erschöpft.
RockTimes: Auf deiner Homepage gab es mal zu lesen, dass eine neue Zusammenarbeit von dir und Klaus Hess angedacht wurde und sogar Gespräche stattfanden. Wie ist da der aktuelle Stand der Dinge?
Werner: Es wird wohl keine Zusammenarbeit von Klaus Hess und mir geben. Die Gespräche fanden statt für ein gemeinsames Konzert mit Klaus Hess' Mother Jane und Werner Nadolny`s Jane.
RockTimes: Unter anderem, worüber ich mich persönlich ganz besonders freue, hast du für das Jahr 2009 eine Buch-Veröffentlichung über Jane angekündigt. Wird das eine Band-Biographie sein oder wie darf man sich das Konzept vorstellen? Und gibt es bereits einen angedachten Veröffentlichungstermin?
Werner: Eine Buchveröffentlichung ist für Ende 2009 geplant, es wird eine Bandbiografie sowie eine persönliche Musikerbiografie von Werner Nadolny sein. Zur Zeit bringt die Kultur-Zeitschrift Musiker Magazin in jeder Ausgabe einen Teil der Jane-Biografie, geschrieben von Werner Nadolny.
RockTimes: Werner, im Jahr 2009 gibt es drei Versionen der Band Jane, was die bereits in den Siebzigern etwas chaotische Personal-Situation heutzutage geradezu auf die Spitze treibt. Was sagst du selbst zu dieser etwas skurrilen Situation?
Werner: Diese Situation gefällt mir überhaupt nicht, aber ich habe leider nicht die Macht, daran irgendetwas zu verändern. Es wäre viel besser gewesen, wenn sich alle an die Vereinbarung, Jane als Kult weiterleben zu lassen, gehalten hätten. Aber das im Raum stehende Geld aufgrund des Namens, hat mal wieder gesiegt. So bin ich auch in den Sog der geforderten Jane-Musik durch die Fans geraten und fühle mich verpflichtet, durch mein Hauptkomponisten-Dasein bei Jane diese Musik auch im Sinne von Peter weiterzuführen.
RockTimes: Hast du eigentlich noch Kontakt zu Charly Maucher und/oder den weiteren Musikern der Jane-Formation um Klaus Walz?
Werner: Da ich als Konkurrenz gesehen werde, kaum noch.
RockTimes: Okay, lass' uns zurück zur aktuellen Situation kommen: "Proceed With Memories" wurde ja noch mit Jutta Weinhold und Geff Harrison, also mehr oder weniger dem Rock-Legenden Line-up aufgenommen. Mittlerweile arbeitet ihr aber in der aktuellen Werner Nadolny's Jane-Besetzung mit dem Stuttgarter Günter 'Gitze' Deyhle am Gesang an einem brandneuen Studio-Album. Wie ist der Stand der Dinge und was dürfen wir erwarten?
Werner: Die nächste CD wird ein reines Jane-Werk (ohne Jutta Weinhold und Geff Harrison) mit dem neuen Sänger Günter (Gitze) Deyhle, der auch für die Texte verantwortlich ist. Mir schwebt ein Konzeptalbum im Stil von "Fire Water Earth & Air" vor. Einiges ist schon in Vorbereitung.
RockTimes: Was mir aufgefallen ist, ist, dass du bei "Proceed With Memories" wie auch schon auf dem ersten Rock-Legenden-Album gerne mal auf älteres Material zurück greifst, was ich aber jeweils als Zitat bzw. Anspielung und Stilelement verstehe. Auf der anderen Seite ist auf dem aktuellen Album aber auch viel Neues vertreten. Woher kommen nach so vielen Jahren im Business immer wieder neue Inspirationen, eine neue Kreativität?
Werner: Das Zurückgreifen auf älteres Material ist situationsbedingt. Bei der ersten Rocklegenden-CD "SKIN DEEP" z.B. waren Peter und ich der Meinung, dass einige Titel der Jane-CD "Resurrection" von Geff Harrison besser dargestellt werden könnten. Bei der "Proceed..." griff ich auch mal auf ältere Elemente zurück, was aber einen bestimmten Grund hat. Ansonsten kann es immer wieder mal vorkommen, dass ähnliche Musiklinien zu hören sind, was an der Handschrift eines Komponisten liegt. Auch die Quelle der Inspirationen ist nicht erklärbar. Ich jedenfalls verspüre noch eine große Kreativität.
RockTimes: Was hast du eigentlich in den Jahren zwischen deiner Band Lady (ca. 1974/75), dem Jane-Album "Fire, Water, Earth & Air" (1976) und deinem Wiedereinstieg bei Jane etwa 1982/83 gemacht?
Werner: Nach der "Fire, Water, Earth & Air" war ich circa drei Jahre bei einem englischen Rock'n'Roll-Star mit Namen Casey Jones & The Governors. Dort spielten auch der spätere Jane-Gitarrist Klaus Walz, Bernie Kolbe von Epitaph sowie mein heutiger Werner Nadolny's Jane-Schlagzeuger Panza Lehmann. Danach spielte ich mit einem anderen englischen Sänger (Jon Symon, Anm.d. Red.) zusammen, mit dem dann das Rockballett "WARLOCK" mit riesigem Erfolg aufgeführt wurde...
Es gab also keinen Wiedereinstieg von mir 1982/83 bei Jane, da zu dieser Zeit Jane aufgrund der Katastrophen-Scheibe "Germania" am Ende waren. So holte ich Peter Panka, Charly Maucher und Klaus Hess zu dem Rockballett "Warlock". Mal wieder schoss Klaus Hess quer und wurde durch meinen heutigen W.N.-Jane-Gitarristen Dete Klamann ersetzt. Aufgrund des großen Zuspruchs machte diese Gruppe dann, ohne den englischen Sänger, als Jane weiter.
RockTimes: Welche Zeit, rein musikalisch gesehen, würdest du als deine Glücklichste bezeichnen?
Werner: Wie gerade beschrieben waren die Aufführungen dieses Rock-Balletts mit den Tänzern vom Niedersächsischen Staatsballett das absolut Größte, was wir je erlebt haben (betrifft auch Peter Pankas Meinung). Schließlich hatten wir Auftritte im ICC Berlin, CCH Hamburg, Alte Oper Frankfurt, Deutsches Museum München usw. Natürlich nicht zu vergessen das Opernhaus Hannover sowie Open Airs. Dazu kommt noch die Jane-Neuseeland-Tournee (wo wir es mal wieder mit Klaus Hess versuchten) und das erste Scheeßel-Festival vor 80000 Zuschauern.
RockTimes: Hat das Saxophon neben den Keyboards eigentlich immer (von der Zeit vor Jane mal abgesehen) eher die 'zweite Geige' bei dir gespielt, oder hattest du auch Projekte am Start, wo du es als Hauptinstrument verwendet hast?
Werner: Natürlich hatte ich Projekte am Start, wo das Saxophon mein Hauptinstrument war, wie bei dem Rock´n'Roller Casey Jones. Schließlich hatte ich bei meinem Musikstudium als Hauptinstrument Klarinette.
RockTimes: Werner, ich möchte dir hiermit gerne noch Raum lassen, deinen Fans etwas mitzuteilen oder auf etwas hinzuweisen, dass ich vergessen habe, zu fragen. Frei von der Leber weg!
Werner: Deine Fragen haben schon eine große Bandbreite gehabt und sehr viel umfasst. Das einzige, auf das ich die Fans hinweisen möchte, ist meine Homepage www.wn-jane.de. Wenn man ins Forum eintritt, kann man dort nicht nur seine eigene Meinung einbringen, sondern sich durch die jeweiligen Threads auch ein enormes Wissen verschaffen.
RockTimes: Zum Abschluss möchte ich dir gerne dieselbe Frage stellen, die ich ca. dreieinhalb Jahren dem unvergessenen Peter Panka gestellt habe: Welche Bands, bzw. Sänger/Künstler hört Werner Nadolny heute am liebsten, bzw. wer hat dich rein vom Hörgenuss über lange Strecken deines Lebens begleitet?
Werner: Das waren einige: Pink Floyd, Spooky Tooth,Led Zeppelin, Queen, ELO, Procol Harum, natürlich auch die Klassiker: Beatles, Rolling Stones, Jimi Hendrix usw.
RockTimes: Noch einmal vielen Dank für dieses Interview, Werner. Das RockTimes-Team wünscht weiterhin gutes Gelingen und viel Erfolg mit der aktuellen und auch der kommenden CD sowie deinem Buch!
Werner: Hier möchte ich auch meinen Dank aussprechen, für die Möglichkeit soviel sagen zu können.
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