Werte RockTimes-Leser,
geht's euch gut in der diesjährigen Vorweihnachtszeit? Habt ihr euch für den erneuten Overkill schon warm gemacht, oder lasst ihr den ganzen Trubel komplett an euch abprallen? Im Gegensatz zum letzten soll es in diesem Jahr ja auch saisonal angemessene Temperaturen geben, was auf der einen Seite schön ist, auf der anderen aber auch für so einige Frostbeulen sorgen könnte.
Die Freunde der Climax Blues Band dürften bereits zu Anfang des abgelaufenen Monats gefröstelt und einen dicken Kloß im Hals gehabt haben. Denn zu diesem Zeitpunkt wurde bekannt, dass mit Pete Haycock traurigerweise der Gitarrist und Sänger dieser Band nur wenige Tage zuvor im Alter von 62 Jahren einem Herzinfarkt erlegen war.
Und hey - aber wem erzähle ich ich das? - da ist vor gar nicht allzu langer Zeit auch wieder ein ganz Großer in die Ewigen Jagdgründe eingekehrt! Bereits Ende Oktober - und knapp nach der Deadline des letzten Editorials - hat die Rockwelt mit Lou Reed einen ganz wichtigen Mann verloren. Lou war nicht unbedingt ein Vorzeige-Nachbar, zeitlebens niemals derjenige, der dich zu Kaffee und Kuchen eingeladen hätte, da war keine Lust auf ein schönes Abendessen mit Smalltalk oder irgendwelches Gewäsch über das Wetter von gestern, heute oder morgen.
Lou Reed hatte keinen Bock auf solch profanen Scheiß, der unbestritten für einige Leute - und das sei ihnen ohne jegliche Wertung auch gegeben - wichtig sein mag. Dafür schaute er aber umso genauer in die Abgründe des Lebens, in seine eigenen und die seiner Mitmenschen, was er im Anschluss auch textlich in seinen Songs reflektierte. Er war nicht immer 'einfach', wobei das meist nur seinen Anspruch ausdrückte, seine Musik und ihn selbst ernst zu nehmen.
Die sogenannten Dinosaurier, die Großen Alten des Rock'n'Roll, sterben langsam aber sicher aus. Grundsätzlich mag das eine natürliche Fluktuation sein, aber auch wenn ich der erste bin, der zugibt, dass es nach wie vor jede Menge supergeiler und vor allem auch richtig guter neuer Bands gibt: Was mir heutzutage letztendlich schlicht und ergreifend fehlt, sind die Typen, die Charaktere! Logisch findet man die nicht unbedingt an jeder Straßenecke, aber mal ganz ehrlich: (Imaginär) unsterbliche Originale der Marke Lou Reed, Levon Helm, Ronnie Van Zant, Serge Gainsbourg, Townes Van Zandt, Warren Zevon u. v. a. sind zwar auch heutzutage noch zu finden, aber müssen wir sie nicht mittlerweile mit der Lupe suchen? Irgendwie kann ich mich nicht gegen den Gedanken wehren, dass es nach Reeds Tod in der Szene wieder ein Stückchen langweiliger geworden ist...
Wie dem auch sei, musikalisch hatte der vergangene November immerhin auch so einiges zu bieten. Als spezieller Tipp fiel Jochen die neue Scheibe von Harem Scarem auf, während Wolfgang mit Allan Taylor und Vein gleich zwei außergewöhnliche Platten im Köcher hatte. Extrem gut empfand Daniel dagegen das aktuelle Album von Michael Lee Firkins.
Nach dem Abtauchen in die dunklen tiefen Gänge der Vergangenheit konnten vor allem Steve ( Agitation Free, Molly Hatchet, Jimi Hendrix und The Fabulous Thunderbirds) und Wolfgang ( John Lewis, Sonny Stitt, Art Blakey, Jackie McLean), aber auch Sabine ( Abba), Holger ( Survivor) und meine Wenigkeit ( Donny Hathaway und eine Musikladen-DVD-Box) über mehr oder wenige große Taten bzw. deren Neuauflagen von den späten Fünfzigern bis in die achtziger Jahre berichten. Dazu gab es feine Interviews von Steve ( Zelinka und Circle Of Illusion) wie auch unserem Hauptstadt-Korrespondenten Mike Kempf ( Jimmy Gee).
Apropos Hauptstadt und Mike Kempf: Der war - wie auch unser zweiter Berliner Holger Ott - wieder verstärkt an der Live-Front vertreten und die beiden berichteten von Gigs der Marke Skinny Molly, Deep Purple, Status Quo sowie Billy Walton. Zwischendrin machte es sich unser Jürgen in seinem zweiten Wohnzimmer, der Bluesgarage in Isernhagen, gemütlich und überlieferte Reportagen von Auftritten der Monokel Kraftblues (allerdings aus Rainer's Rockhaus, Algermissen) sowie Kirsten Thien. Und wenn wir schon mal bei unseren Lieblingsclubs sind, möchte ich gerne auch noch auf die reviewten Gigs von Rudy Rotta (Support: Marius Tilly Band) im Ducsaal sowie einen Ausflug nach Stuttgart zu dem Schwabenrocker Gitze hinweisen.
An Neuankündigungen für das kommende Jahr war zu vernehmen, dass der komplette
Led Zeppelin-Katalog mal wieder (gäähn) aufgelegt wird. Allerdings, und das macht immerhin neugierig, wird jedes Studioalbum mit einer zusätzlichen CD (die allesamt jede Menge unveröffentlichtes Material enthalten sollen) ausgestatt. Aerosmith wollen wieder auf große Tour gehen und auch der (ehemalige?) Meistergitarrist Jake E. Lee (Ex- Ozzy Osbourne, Ex- Badlands) will mit seiner neuen Band Red Dragon Cartel wieder durchstarten. Und oben drauf kündigten
The Who ihre nächste Tour schon mal für das übernächste Jahr 2015 an. Aufhören wolle man danach aber noch lange nicht...
In der Kuriositätenabteilung machte mal wieder die Poison-Frontsäule Brett Michaels auf sich aufmerksam, der - so ganz der knallharte Rocker - sein eigenes Parfum auf den Markt bringen wird, das lt. Ankündigung sowohl von Männlein wie auch Weiblein getragen werden kann. Die Ex-Gattin von Axl Rose hatte irgendwas verloren (wahrscheinlich ihr Erspartes) und fand auf der Suche danach jede Menge Krimskrams (inkl. persönlicher Briefe von und das Hochzeitsvideo mit Axl), den sie Anfang Dezember in Los Angeles versteigern wird. Schließlich hat sich auch - Vorsicht, alle in Deckung gehen - der Oberindianer Ted Nugent ("Kill It And Grill It") wieder zu Wort gemeldet. Dieses Mal kündigte er an, für die nächsten Präsidentschaftswahlen in den USA antreten zu wollen. RockTimes wünscht gutes Gelingen und freut sich schon auf einen bestimmt sehr lustigen Wahlkampf...
Hingewiesen sei noch ausdrücklich auf die am heutigen Tag startenden Adventskalender-Videoclips von Bands und Musikern aus aller Welt, die (zumindest zu etwa 99 %) exklusiv für die RockTimes-Leser gedreht wurden. Ist doch schön, wenn die Weihnachtsbotschaften auch mal von den Leuten kommen, die sich sonst nur in unseren CD-Playern bzw. auf unseren Plattenspielern drehen oder die man meist höchstens mal für 90 Minuten oder zwei Stunden auf den Bühnenbrettern sieht.
Wie dem auch sei, Freunde des guten Geschmacks, kommt gut durch den Advent, habt stählerne Nerven für den ganzen Weihnachtsstress und rutscht erstmal gut ins neue Jahr! Lasst uns ganz fest die Daumen für die an Krebs erkrankten John McVie und Pete Way drücken und bleibt uns gewogen, damit auch wir weiterhin soviel Spaß an der Arbeit haben wie bisher!
Cheers,
Markus
Externe Links:
|