Editorial / August 2012



Editorial vom 01.08.2012


Andrea Groh
»I was a rocker from birth
A rocker I'll be till I die
Scorching the face of the earth
Bringing the music to life
Flying on high like a bird
Nothing can ever shoot down
Metal is dead so I've heard
But not while I'm still above ground

So dig me no grave

This is the dream of my life
This is the life of my dream«

("Dig Me No Grave" / Manilla Road)
Beim Durchsehen von Artikeln aus dem letzten Jahr stieß ich auf den Konzertbericht von dem Tag, als ich diesen Song live gehört habe und ich musste wieder an diese Zeilen denken, die mir sehr gut gefallen. Ein wundervolles Bekenntnis eines Metal-Musikers zu seiner Musik. Die Stilrichtung könnte auch eine andere sein, man ersetze einfach Metal durch Blues, Rock, oder was auch immer, je nach persönlichem Geschmack. Wichtig daran ist die lebenslange Begeisterung, ein 'Rocker' nicht nur in einer rebellischen Phase in der Pubertät zu sein, sondern die Flamme nicht erlöschen zu lassen, auch wenn Alltag, Beruf und Familie manchmal wenig Raum dafür lassen.
Oder wie es hier bei RockTimes so schön heißt: »Denn eins ist sicher, Rockmusik hat Zukunft... und Vergangenheit«
Mittlerweile kann man auf mehrere Dekaden Rockmusik unterschiedlicher Art zurückblicken und sich heraussuchen, was gefällt. Jede Zeit hat ihre Klassiker und Geheimtipps. Es wäre schade, sich nur auf eine Phase zu beschränken, doch die Wahl der Highlights ist stets von subjektiven Kriterien abhängig. Manche bevorzugen ein bestimmtes Jahrzehnt, manche eine bestimmte Stilrichtung.
Neben der gebotenen Vielfalt ist das Schöne an der heutigen Zeit, durch das Internet vieles kennenzulernen, was aber trotzdem nicht in oberflächlichem MP3-/Download-Hören enden muss. Die heutige Jugend, die damit aufwächst, bekommt damit so viel eröffnet, vorausgesetzt natürlich, sie ist aufgeschlossen. Auf Konzerten sieht man oft den Nachwuchs zwischen dem älteren Publikum stehen, wahrscheinlich kennen noch mehr das seltsame Gefühl, zu denken 'das könnte doch meine/r sein…' und manchmal gehen sogar zwei Generationen gemeinsam hin. Die Eltern können teilweise auf 10, 20, 30 oder gar 40 Jahre Fansein zurückblicken, gleiches gilt für die Existenz einiger Bands. Mal ein paar Zahlen zum verdeutlichen:
So hat der 70-jährige Paul McCartney nicht nur mittlerweile einen 'Sir', sondern auch die Ehre, die Olympischen Spiele 2012 in London zu eröffnen. Seine Ich-will-es-gar-nicht-zählen-wievielte Platte ist im Januar erschienen. Bob Dylan kündigt auch etwas Neues für den 11. September an. Von Judas Priest könnte es vielleicht auch ein Album nächstes Jahr geben, man drückt sich da vorsichtig aus. Die Stones hingegen sind sich uneinig, ob sie etwas versprechen oder nicht - deren erster Gig war übrigens vor stolzen 50 Jahren. Die Beach Boys bestehen ebenfalls seit einem guten halben Jahrhundert. Johnny Cash wäre dieses Jahr 80 geworden, Ronnie James Dio hätte seinen 70. gefeiert.
Das führt mich zu etwas weniger Schönem: Leider sind Musiker nicht unsterblich. Nachdem
Jon Lord zunächst das für den 6. Juli geplante Konzert mit dem Philharmonischen Orchester Hagen aus gesundheitlichen Gründen absagen musste, verschlechterte sich sein Bauchspeicheldrüsenkrebs weiter bis er diesem Leiden schließlich am 16. Juli 2012 erlag. Ein trauriger Verlust für die Rockwelt, leider nicht der erste und bestimmt auch nicht der letzte… Wir müssen uns bewusst machen, die 'alten Helden' erreichen langsam ein kritisches Alter.
Wobei Krankheit auch Jüngere treffen kann: Gut ging es für Behemoth-Sänger Nergal aus, denn es gelang ihm, seine Leukämie zu besiegen und aus der Krise psychisch und physisch gestärkt hervorzugehen - durch die Erkenntnisse, die er während dieser Zeit gewonnen hat.
Children Of Bodom-Frontmann Alexi Laiho kann sich ebenfalls freuen: Er wurde aus dem Krankenhaus entlassen - wobei bisher nicht verraten wurde, was die Ursache für seinen Aufenthalt dort war. Glück hatten außerdem The Cult, bei einem Unfall mit dem Tourbus kam es zu nichts weiter als leichten Prellungen.
Gefährlich kann das Leben jedoch auch für Fans sein, wofür häufig das Wetter bzw. der recht wankelmütige Sommer (?) verantwortlich ist:
Aufgrund von Unwettern mussten Anfang Juli in mehreren Orten Festivals abgebrochen werden, teilweise gab es Verletzte. Besonders schlimm traf es das With Full Force XVII. Hier waren einige Besucher vor einem Gewitter zum Cocktailstand geflüchtet, um Schutz unter der dort aufgespannten Plane zu suchen. Tückischerweise schlug dort dann der Blitz ein, was zu 51 Verletzten führte, neun davon schwer und drei mussten sogar reanimiert werden.
Was dann eine extremistisch christliche Internetseite dazu brachte, von einer 'Strafe Gottes für die Satanisten' zu schreiben. Dazu fällt mir folgende Aussage ein, die ich auf der Seite von Metalmessage.de gesehen habe und die ich hier zitieren möchte:
»In den 1930er Jahren hieß es, Blues sei das gefährliche Werk des Teufels.
In den 1940er Jahren hieß es, Jazz & Swing seien beängstigende Auswüchse des Teufels.
In den 1950er Jahren hieß es, Rock'n'Roll seien die bösen Klänge des Teufels.
In den 1960er Jahren hieß es, Beat sei die unreine Musik des Teufels.
In den 1970er Jahren hieß es, Rockmusik sei der verderbende Sound des Teufels.
Tja, und seit den 1980er Jahren heißt es, Heavy Metal sei eine diabolische Ausgeburt des Teufels.
Was der viel Gescholtene in früheren Jahrhunderten gehört hat, ist nicht offiziell bekannt. Scheint jedenfalls gerade in den letzten zehn Dekaden wirklich ziemlich musikalisch geworden zu sein, der ewig kecke Kerl...«
Somit sind wir wieder beim Ausgangsthema. Rockmusik in ihren verschiedenen Formen kann auf eine lange Tradition zurückblicken, ist wandlungsfähig, rebellisch und lebendig. Deswegen fürchten sie manche, andere lieben sie. Dafür gibt es auch im Jahr 2012 durchaus Gründe, egal ob man lieber vergangenheitsorientiert hört oder neugierig ist, was die Gegenwart so bringt. Auch wenn es bei der Masse der Neuerscheinungen oft so wirkt, als gäbe es zu viel Durchschnitt, sind immer wieder interessante Sachen darunter. Dazu kommt, dass oft alte Perlen neu poliert wieder erscheinen. Oder die alten Helden sind mal wieder unterwegs…
Hier mal ein kleiner wertungsfreier Streifzug durch das, was die RockTimes-Redaktion in den letzten Wochen gehört und gesehen hat:
Markus mochte Patti, später sollte er sie sogar live sehen (ein Saarländer in Berlin…)
Ulli schwelgte in Erinnerungen an Winnetou und Co. - da kommen unbekannte Seiten zu Tage… natürlich vergaß er auch den Space Rock nicht.
Wolfgang reiste in die 50er zurück; zu Frankie Boy, sogar gleich zweimal.
Udo wählte 50er-Musik, die jedoch in den 80ern erschien.
Ebenfalls in die 80er blickten zurück (mittels DVD) Jaybee, Joe und ich.
Sabine schaut auf diesem Medium lieber neueren Mittelalterrock und MoritzGrunge/Sleaze.
Boris hat's mit einem mittelalterlichen Namen, hinter dem sich jedoch Neo Prog verbirgt.
Grit durfte Tom Petty sehen und reiste dafür extra nach Köln, während ein Gastschreiber gar alle Konzerte der Tour besuchte und darüber schrieb.
Zehn Tage vor Tom hätte Ozzy in Mannheim spielen sollen, tat er aber nicht, wie die RT-Metaller enttäuscht feststellen musste.
Die Berliner Fraktion sieht sich einen TV-Doktor und Mechaniker an.
Jochen bekommt bestimmt bald einen belgischen Pass, wenn er weiterhin so oft dort ist, aber auch die Niederlande sind nicht vor ihm sicher.
Jürgen bleibt doch lieber in der Bluesgarage.
Steve hört dagegen den Blues (-Rock) auf Konserve.
Schließlich, damit die harten Metaller unter den Lesern nicht zu kurz kommen, einmal Bay Area Thrash von norwegischen Zombies für Jens und ägyptisch/orientalisch angehauchter
Tech Death Metal aus den USA.
Nun, ich hoffe, da ist etwas für die unterschiedlichsten Geschmäcker dabei - ansonsten klickt einfach öfter mal auf die Neuheitenseite. In diesem Sinne wünsche ich einen schönen (für die Open Air-Gänger hoffentlich trockenen und sonnigen) August.

Andrea
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